BGH: Grundbuch zur Eintragung einer Namensänderung von Transsexuellen umzuschreiben

Wollen Transsexuelle nach einer Namensänderung ihren neuen Vornamen im Grundbuch eintragen lassen, ist zur Wahrung des Offenbarungsverbots das Grundbuch umzuschreiben, also das bisherige (die Namensänderung offenlegende) Grundbuchblatt zu schließen und ein neues Grundbuchblatt anzulegen. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 07.03.2019 entschieden. Einsicht in das alte Grundbuchblatt könnten dann nur solche Personen nehmen, die ein berechtigtes Interesse an den früheren Eintragungen darlegten. Andernfalls habe das Geheimhaltungsinteresse Vorrang (Az.: V ZB 53/18).

Transsexuelle wehrte sich gegen Erkennbarkeit ihrer Namensänderung im Grundbuch

Die Beteiligte war mit ihren damaligen männlichen Vornamen im Grundbuch als Eigentümer eines Teileigentumsrechts eingetragen. Sie beantragte beim Grundbuchamt eine Namensberichtigung. Dazu legte sie den Beschluss eines Amtsgerichts vor, wonach sie als dem weiblichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist und künftig den angegebenen weiblichen Vornamen trägt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle vermerkte im Grundbuch, dass die Eigentümerin nunmehr aufgrund des AG-Beschlusses den weiblichen Vornamen führt. Dagegen legte die Beteiligte Erinnerung ein und beantragte, mit ihrem neuen Namen unter Bezugnahme auf den AG-Beschluss als Eigentümerin eingetragen zu werden, ohne dass die Namensänderung ausdrücklich erwähnt wird ("Eigentümerin gemäß Beschluss des AG . vom .: XY"). Der Rechtspfleger wies die Erinnerung zurück. Die Beschwerde der Beteiligten vor dem Kammergericht blieb ohne Erfolg.

BGH: Alter Vorname muss weiterhin im Grundbuch dokumentiert werden

Der BGH hat der Rechtsbeschwerde stattgegeben und den KG-Beschluss aufgehoben sowie das Grundbuchamt angewiesen, das Grundbuch umzuschreiben. Beantrage eine im Grundbuch eingetragene Person gestützt auf einen nach den §§ 1 ff. TSG ergangenen Beschluss die Richtigstellung ihres Namens, müsse das Grundbuchamt die Namensänderung in dem bisherigen Grundbuchblatt vermerken. Problematisch sei dabei, dem Offenbarungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 TSG im Grundbuchrecht angemessen Rechnung zu tragen. Denn bei der Änderung einer Eintragung müsse die vorangegangene, nicht mehr gültige Eintragung weiter sichtbar bleiben. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 GBV dürfe im Grundbuch nichts radiert und unleserlich gemacht werden. Die Dokumentation auch nicht mehr aktueller Eintragungen sei zur Wahrung der Publizitätsfunktion des Grundbuchs unerlässlich. Unzulässig seien zudem irreführende Eintragungen. Die von der Beteiligten vorrangig angestrebte Eintragung ohne Hinweis auf die Namensänderung scheide deshalb aus, weil sie den Eindruck eines tatsächlich nicht erfolgten Eigentümerwechsels hervorrufen kann.

Wegen Offenbarungsverbots aber neues Grundbuchblatt anzulegen

Laut BGH rechtfertigt das Offenbarungsverbot aber in entsprechender Anwendung des § 28 GBV eine Umschreibung des Grundbuchs. Dies führe dazu, dass das umgeschriebene und die Namensänderung offenlegende Blatt gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 und 2 GBV geschlossen und in dem Schließungsvermerk die Bezeichnung des neuen Blatts sowie der Grund der Schließung angegeben werden. Im Unterschied zu dem alten, geschlossenen Grundbuchblatt seien in dem neu anzulegenden Grundbuchblatt gemäß § 30 Abs. 1 Buchst. c und d GBV grundsätzlich nur die aktuellen Daten aufzunehmen. Dies biete für Personen wie die Beteiligte den Vorteil, dass in dem neuen Grundbuchblatt – dem Anliegen des § 5 Abs. 1 TSG entsprechend – der bisherige abweichende Vorname nicht mehr erscheint.

Einsicht in geschlossenes Grundbuchblatt nur bei berechtigtem Interesse an früheren Eintragungen

Dem BGH zufolge wird der Zweck des Offenbarungsverbots auch nicht deshalb verfehlt, weil aus dem alten Grundbuchblatt der frühere Vorname ebenso ersichtlich sei wie aus Urkunden, die sich in der Grundakte befänden. Anders als die Einsicht in das Handelsregister sei die Einsicht in das Grundbuch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 GBO grundsätzlich nur bei Darlegung eines berechtigten Interesses zulässig. Dieses berechtigte Interesse müsse nicht nur an der Einsicht in das Grundbuch überhaupt, sondern hinsichtlich der Teile bestehen, in die Einsicht genommen werden solle. Deshalb sei die Einsicht in das wegen eines Offenbarungsverbots gemäß § 5 Abs. 1 TSG geschlossene Grundbuchblatt nur solchen Personen zu gestatten, die ein berechtigtes Interesse hieran, also (auch) an den früheren Eintragungen dargelegt hätten. Bestehe ein solches Interesse, sei die hiermit verbundene Offenbarung des früheren Vornamens aus besonderen Gründen des öffentlichen Interesses im Sinne des § 5 Abs. 1 TSG gerechtfertigt. Andernfalls habe das Geheimhaltungsinteresse Vorrang. 

BGH, Beschluss vom 07.03.2019 - V ZB 53/18

Redaktion beck-aktuell, 28. Mai 2019.