BGH lässt späten Widerruf von Auto-Kreditverträgen der BMW Bank und Ford Bank nicht zu

Die Widerrufsbelehrung im Rahmen eines Finanzierungsdarlehens zum Erwerb eines Kfz ist nicht schon deshalb unwirksam, sodass die Widerrufsfrist außer Kraft gesetzt würde, weil Informationen über ein außerordentliches Kündigungsrecht fehlen oder die im Fall des Widerrufs anfallende Zinszahlung lediglich mit 0,00 Euro beziffert wird. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteilen vom 05.11.2019 in zwei ähnlich gelagerten Fällen entschieden und die Revisionen der Kläger zurückgewiesen (Az.: XI ZR 650/18; XI ZR 11/19).

Streit um Widerruf von Darlehensverträgen für Autokäufe in zwei Fällen

Die Parteien streiten jeweils um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen gerichteten Willenserklärungen der Kläger. Die Kläger beider Verfahren erwarben jeweils ein Kraftfahrzeug, nämlich in dem einen Fall einen BMW und in dem anderen Fall einen Ford. Zugleich schlossen sie zur Finanzierung des über die vereinbarten Anzahlungen hinausgehenden Kaufpreisteils im Mai 2016 (Az.: XI ZR 650/18) beziehungsweise im Juli 2013 (Az.: XI ZR 11/19) mit den jeweiligen Banken Darlehensverträge zu einem gebundenen Sollzinssatz von 3,92% per anno und einer festen Laufzeit ab.

Widerrufsinformationen zu Zinsbelastung

Die Darlehensvertragsunterlagen enthielten eine Widerrufsinformation, in der für den Fall des Widerrufs über dessen Folgen informiert wird. Dort heißt es in beiden Fällen inhaltsgleich: "Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, haben Sie es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 0,00 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde."

Hinweis auf Möglichkeiten außerordentlicher Kündigung fehlte

Die jeweiligen Vertragsunterlagen enthalten keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Darlehensvertrag außerordentlich unter den in § 314 BGB genannten Voraussetzungen gekündigt werden kann. Hinsichtlich einer der Bank zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens heißt es in den Vertragsunterlagen, dass sich diese nach den vom Bundesgerichtshof "vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen" berechne, wobei einzelne bei der Berechnung zu berücksichtigende Parameter aufgeführt werden. Dargestellt sind ferner die gesetzlichen Höchstgrenzen der Vorfälligkeitsentschädigung.

Kläger widerriefen Darlehensverträge wegen unzureichender Belehrung

Nach Erbringung von Zins- und Tilgungsleistungen erklärten die jeweiligen Kläger im Jahr 2017 den Widerruf ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Sie meinen, die Vertragsunterlagen enthielten nicht alle für das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist vorgeschriebenen Angaben, weil nicht klar und verständlich über die Widerrufsfolgen, die Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB informiert worden sei. Aufgrund des wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrags seien sie auch an den Kaufvertrag über das Kraftfahrzeug nicht mehr gebunden. Die unter anderem auf Rückzahlung von Zins- und Tilgungsleistungen gerichteten Klagen wurden von den Landgerichten abgewiesen. Nachdem die Berufungen der Kläger erfolglos waren, legten beide Revision ein.

BGH weist Revisionen der Kläger zurück - Widerrufsbelehrung war nicht zu beanstanden

Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen zurückgewiesen. Die Widerrufsinformationen und auch die erforderlichen Pflichtangaben seien ordnungsgemäß erteilt worden, so dass in beiden Verfahren die zweiwöchige Widerrufsfrist in Lauf gesetzt worden sei und die jeweiligen Kläger ihr Widerrufsrecht nicht fristgerecht ausgeübt hätten. Die nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB mitzuteilende Angabe eines zu zahlenden Zinsbetrags in der Information über die Widerrufsfolgen sei auch dann klar und verständlich, wenn sie mit 0,00 Euro angegeben werde. Dies würde von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, auf den abzustellen sei, dahin verstanden, dass im Fall des Widerrufs keine Zinsen zu zahlen seien. Eine solche Regelung begegne keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 361 Abs. 2 Satz 1 BGB dürfe von den halbzwingenden gesetzlichen Regelungen über die Widerrufsfolgen zu Gunsten des Verbrauchers abgewichen werden.

Keine Pflicht zur Information über außerordentliches Kündigungsrecht

Über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB müsse nicht informiert werden. Dies gehöre nicht zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB. Vielmehr beziehe sich diese Vorschrift nur auf das - in der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG vorgesehene - Kündigungsrecht nach § 500 Abs. 1 BGB.

Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss nicht ausführlich sein

Die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderlichen Informationen zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung seien ordnungsgemäß erteilt worden. Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genüge es, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benenne. Demgegenüber bedürfe es nicht der Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel, weil eine solche zu Klarheit und Verständlichkeit nichts beitrüge.

Benennung des konkreten Prozentsatzes des Verzugszinses entbehrlich

Schließlich sei auch die Information über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nicht zu beanstanden. Soweit den Klägern der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende konkrete Prozentsatz des Verzugszinses nicht mitgeteilt worden sei, wäre dies unschädlich. Wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinssatzes bei Vertragsschluss habe es dessen nicht bedurft.

BGH, Urteil vom 05.11.2019 - XI ZR 650/18

Redaktion beck-aktuell, 5. November 2019.