Selbstbehalt beim Elternunterhalt: Einkommensgrenze für Sozialhilferegress nicht maßgeblich

Ein Sozialhilfeträger nahm den Sohn einer Frau für aufgewendete Pflegekosten in Regress. Der Sohn machte geltend, der Selbstbehalt sei beim Elternunterhalt anhand der 100.000-Euro-Einkommensgrenze für den Regress im SGB XII zu bestimmen. Ohne Erfolg – der BGH bestätigte seine bisherige Rechtsprechung.

Der Regress betraf 2020 für die Mutter erbrachte Pflegehilfe. Ihr Sohn und seine Ehefrau hatten in dem Jahr beide ein Jahreseinkommen von rund 118.000 Euro (monatlich circa 5.800 Euro netto). Bei ihnen lebte ihre unterhaltsberechtigte volljährige Tochter. Der Sohn hatte außerdem zwei Geschwister, die der Sozialhilfeträger nicht in Anspruch nahm.

Der Sohn machte geltend, er sei leistungsunfähig. Er meinte, der Selbstbehalt sei anhand der Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro in § 94 Abs. 1a SGB XII zu bestimmen, der durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz zum 1. Januar 2020 eingefügt wurde und den Rückgriff bei ihren Eltern unterhaltspflichtigen Kindern beschränkt. Er monierte, dass sonst unterhaltsverpflichtete Kinder, die mit ihrem Einkommen knapp oberhalb oder unterhalb der 100.000-Euro-Grenze liegen, erheblich ungleich behandelt würden.

Während das AG den Antrag des Sozialhilfeträgers abwies, verpflichtete das OLG den Sohn zur Zahlung. Für den angemessenen Selbstbehalt sei nicht auf ein aus dem Grenzbetrag in § 94 Abs. 1a SGB XII zu berechnendes Nettoeinkommen abzustellen. Das OLG erhöhte unter Berücksichtigung der Wertung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes die Sockelbeträge der Hammer Leitlinie um 30% – für den Sohn von 2.000 auf 2.600 Euro und für dessen Ehefrau von 1.600 auf 2.080 Euro. Zum Mindestselbstbehalt der beiden von 4.680 Euro rechnete das OLG dann die Hälfte des diesen Betrag übersteigenden bereinigten Familieneinkommens hinzu.

Die Rechtsbeschwerde des Sohns blieb beim BGH ohne Erfolg (Beschluss vom 07.05.2025 – XII ZB 563/24). Der BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung, von der das OLG Hamm zwar in einzelnen Punkten abweiche, was sich im Ergebnis aber nicht zum Nachteil des Sohnes auswirke.

Einkommensgrenze für Selbstbehalt nicht maßgeblich

Laut BGH ist der Mindestselbstbehalt nicht an der Einkommensgrenze des § 94 Abs. 1a Satz 1 SGB XII auszurichten. Das sei auch nicht geboten, um verfassungsrechtlich bedenkliche Verwerfungen bei der Ungleichbehandlung von Kindern mit steuerrechtlichen Einkünften knapp oberhalb und knapp unterhalb der Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro zu vermeiden. Der BGH weist darauf hin, dass das nicht privilegierte Kind nach § 1606 Abs. 3 BGB nur anteilig hafte, wenn privilegierte Geschwister leistungsfähig seien, und der von letzteren geschuldete Anteil dem Sozialhilfeträger auferlegt werde.

Der Senat hält daran fest, dass der angemessene Eigenbedarf anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorliegen, ermittelt wird. Bezugspunkt für die Bemessung des Mindestselbstbehalts beim Elternunterhalt bildeten die durchschnittlichen Einkommensverhältnisse. Anhebungen des Mindestselbstbehalts dürften unterschiedliche Verhältnisse bei den unterhaltspflichtigen Kindern nicht nivellieren.

Im Vergleich mit dem BGH-Ansatz eines unveränderten Sockelselbstbehalts (der in der Düsseldorfer Tabelle, Stand 2020, noch ausgewiesene Mindestselbstbehalt von 2.000 Euro sei nicht zu beanstanden) und eines auf 70% erhöhten Satzes für das diesen Betrag übersteigende Einkommen habe sich der vom OLG veranschlagte höhere Sockelselbstbehalt nicht zum Nachteil des Sohnes ausgewirkt, so der XII. Senat.

BGH, Beschluss vom 07.05.2025 - XII ZB 563/24

Redaktion beck-aktuell, hs, 2. Juli 2025.

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