Die Betreibergesellschaft eines "Laufhauses" ist auch für die sexuellen Dienstleistungen der Sexarbeiterinnen umsatzsteuerpflichtig, sofern sie gegenüber den Kunden als leistende Unternehmerin auftritt. Laut einem Beschluss des BFH sei das insbesondere der Fall, wenn die Gesellschaft im Rahmen der Internet-Werbung bezüglich der Sex-Dienstleistungen ein Leistungsversprechen mache (Beschluss vom 30.04.2025 – XI B 33/24).
Für ihre "Girls" lieferte eine inzwischen insolvente Laufhausbetreiberin ein attraktives Gesamtpaket: Tageweise vermietete möblierte Zimmer, eine tägliche Reinigung sowie 24-Stunden-Hausmeister- und Security-Service, ergänzt durch ein hauseigenes Restaurant, einen Friseur- und Kosmetiksalon, ein Solarium und einen Fitnessraum. Laut der Homepage des Etablissements seien die Preise der sexuellen Dienstleistungen ausdrücklich Sache der Prostituierten – diese müssten die Kunden jeweils im Einzelnen aushandeln. Wenige Klicks entfernt fand sich jedoch eine Übersicht über die einzelnen Sexarbeiterinnen sowie das Versprechen einer "Geld-Zurück-Garantie", sollte ein Kunde mit den "Leistungen im Haus" nicht zufrieden sein.
Bei einer Steuerprüfung stellte das Finanzamt deshalb fest, dass die Betreiberin des Bordells auch für die sexuellen Dienstleistungen umsatzsteuerpflichtig sei. In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung hatte sie nämlich nur die sonstigen Services angegeben – die Frauen arbeiteten selbstständig. Das ließ das Finanzamt nicht gelten und forderte die Umsatzsteuer für zwei Jahre nach.
FG: Wer Leistungsversprechen abgibt, ist selbst Unternehmerin
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG Köln war erfolglos. Nach Auffassung des Gerichts sei die Betreiberin – vor allem auf der Website – selbst als Anbieterin der sexuellen Dienstleistungen aufgetreten. Entsprechend müsse sie sich diese auch steuerrechtlich zurechnen lassen.
Das FG hatte vor allem auf den Internetauftritt der Betreiberin abgestellt, auf dem sie – in Form der Geld-Zurück-Garantie - ein Leistungsversprechen gegeben habe, für das sie einstünde. Dafür spreche auch das "Gesamtarrangement", das die Betreiberin zur Verfügung gestellt habe, das stets die Anwesenheit mehrere Prostituierten sichergestellt habe. In Abwägung aller Gesamtumstände entspreche es daher der "wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität", dass die Betreiberin auch diejenige Unternehmerin ist, der die sexuellen Dienstleistungen am Ende zuzurechnen sind.
BFH: Unionsrecht nicht einschlägig
Das sah nun auch der BFH so, der die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil zurückwies. Die Frage, ob selbstständig handelnde Prostituierte in angemieteten Zimmern immer auch selbst leistende – und damit umsatzsteuerpflichtige - Unternehmerinnen seien, sei geklärt. Das beurteile sich nach den allgemeinen Regeln über die Zurechnung im Steuerrecht. Leistende Unternehmerin bzw. leistender Unternehmer seien diejenigen, die die Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführten. Zur Beurteilung der Lage komme es maßgeblich darauf an, wie die Person bei der Ausführung der Leistungen in Erscheinung getreten sei. Insoweit käme der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Der XI. Senat lehnte zudem sämtlichen beantragten EuGH-Vorlagen ab, da die Fragen für den vorliegenden Fall nicht erheblich gewesen seien. So etwa die Frage danach, ob die hier vorgenommene Doppelbesteuerung rechtmäßig war. Der BFH entgegnete, dass überhaupt keine Doppelbesteuerung vorliege, da die Betreiberin für die Entgelte ihrer Sexarbeiterinnen vorsteuerabzugsberechtigt gewesen sei.
BFH: Kein Widerspruch zur BGH-Rechtsprechung
Auch einen Widerspruch mit einem jüngeren BGH-Urteil vom Mai 2022, das eine Bordellbetreiberin in einem ähnlichen Fall von der Umsatzsteuer ausgenommen hatte, verneinte der BFH. Maßgeblich war für den BGH ein Hinweis auf der Website gewesen: "Die Damen unseres Hauses sind selbstständige Unternehmerinnen und bieten ihre Leistungen völlig eigenständig und auf eigene Rechnung an. “ Das hatte dem BGH für die Annahme genügt, dass die Betreiber gerade nicht als leistende Unternehmer der sexuellen Dienstleistungen aufgetreten waren.
Der BFH jedoch meinte, diese Konstellation unterscheide sich wesentlich vom Fall der Bordellbetreiberin. Zwar verlangte auch diese nur ein pauschales Eintrittsgeld, ohne an den Erträgen der Prostitution beteiligt zu sein. Das FG habe aber rechtsfehlerfrei auf das gewisse "organisatorische Gesamtarrangement" und vor allem die Geld-Zurück-Garantie abgestellt. Durch diese habe die Betreiberin damit geworben, das wirtschaftliche Risiko der Schlechterfüllung zu übernehmen. Es entspreche in der Tat der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität, dass sie dann auch steuerrechtlich als leistende Unternehmerin betrachtet werde.