Arbeitszeiterfassung: Großteil der Unternehmen beklagt Mehraufwand
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Ein Großteil der deutschen Unternehmen sieht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung kritisch und fordert vom Gesetzgeber umfassende Verbesserungen. Laut einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom sagen zwei Drittel der Unternehmen (66%), dass die Einführung beziehungsweise Anpassung der Arbeitszeiterfassungssysteme erheblichen finanziellen und administrativen Mehraufwand verursacht.

Genaue Arbeitszeiterfassung halten viele für schwer umsetzbar

Gleichzeitig wollen mehr als drei Viertel (78%), dass die gesetzliche Neuregelung des Arbeitszeitrechts die tägliche durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzt. 44% sagen aber auch, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung die Beschäftigten vor Stress und Überlastung schützen kann. Laut Bitkom-Umfrage finden zudem 60%, dass die Einführung beziehungsweise Anpassung der Arbeitszeiterfassung durch das bisherige Fehlen einer gesetzlichen Neuregelung erschwert wird. Ohnehin halten 59% der Unternehmen eine genaue Arbeitszeiterfassung in der Praxis für nur schwer umsetzbar. Knapp Sechs von zehn Unternehmen (59%) sind ferner überzeugt, dass durch die Erfassungspflicht die Flexibilität von Vertrauensarbeit verloren geht. Rund die Hälfte (48%) befürchtet außerdem, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Aufzeichnungspflicht kontrolliert fühlen. "Wo früher auf Vertrauensbasis gearbeitet wurde, zwingt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zu Kontrolle und sorgt für vollkommen unnötige Bürokratie" erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg. Für die Umfrage befragt wurden 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland.

Bitkom: Beharren auf täglicher Höchstarbeitszeit kontraproduktiv

Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Beschluss vom September 2022 mehr als 34 Millionen Menschen zur minutiösen Erfassung ihrer Arbeitszeit verpflichtet. Der Gesetzgeber sollte nach Ansicht des Bitkom diesem Anachronismus ein Ende bereiten und die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass auch künftig Vertrauensarbeitszeit möglich ist. Niemand solle gezwungen werden, seine Arbeitszeit zu erfassen, wenn zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten Einvernehmen herrscht, dass dies nicht nötig ist. Der aktuelle Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes gehe komplett an der Realität der heutigen Arbeitswelt vorbei, in der Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit für viele zum Standard gehören, so Berg weiter. Nicht nur die geplante tagesaktuelle Erfassungspflicht, auch das Beharren auf einer täglichen Höchstarbeitszeit seien absolut kontraproduktiv. Bitkom fordere schon lange eine wöchentliche Höchstarbeitszeit, die den Beschäftigten bei der Einteilung ihrer Arbeitszeit mehr Flexibilität und Selbstbestimmtheit gewähren würde. Auch die vorgeschriebene Ruhepause von elf Stunden passe nicht zu "New Work", wie viele Beschäftigte es sich wünschen. Hierunter leide besonders die Digitalbranche, die angesichts des massiven IT-Fachkräftemangels attraktiv bleiben müsse, so der Digitalverband weiter.

Diskussion im Bundestag

Vergangenen Freitag diskutierte laut Bitkom der Bundestag einen Antrag der Unionsfraktion zur bürokratiearmen Arbeitszeiterfassung. Er geht aus Bitkom-Sicht in die richtige Richtung, da er die Möglichkeit freiwilliger Vertrauensarbeitszeitmodelle sowie eine Abkehr von der tagesaktuellen Erfassungspflicht und der täglichen Höchstarbeitszeit fordert. Die Ampel-Regierung habe im Koalitionsvertrag angekündigt, dass bei einer Anpassung des Arbeitszeitrechts Vertrauensarbeit weiterhin möglich sein soll. Daran müsse sie sich jetzt messen lassen.

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 30. Mai 2023.