AK Vorrat: BVerfG-Beschluss stellt Europarechtskonformität der Vorratsdatenspeicherung in Frage

Das Bundesverfassungsgericht stellt nach Angaben des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) in Frage, ob die verdachtslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Bewegungsdaten in Deutschland "mit den Anforderungen des europäischen Gerichtshofs … vereinbar" ist. In einem erst jetzt bekannt gewordenen Hinweis vom 06.11.2017 verweise das Gericht auf ein Urteil, mit dem der Europäische Gerichtshof 2016 schwedische und britische Gesetze zur verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung verworfen habe (vgl. EuZW 2017, 153).

EuGH beanstandete verdachtslose Vorratsdatenspeicherung

Laut AK Vorrat beanstandete der EuGH schon damals die Sammlung der Verbindungs- und Standortdaten auch von Personen, "bei denen keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht, dass ihr Verhalten in einem auch nur mittelbaren oder entfernten Zusammenhang mit schweren Straftaten stehen könnte." Der EuGH habe längst entschieden, dass die von der Großen Koalition beschlossene wahllose Massenerfassung sämtlicher Kontakte und Bewegungen der gesamten Bevölkerung nicht mit den Grundrechten vereinbar ist, kommentiert Rena Tangens vom AK Vorrat. Von der zukünftigen Regierungs-Koalition verlangt Tangens, "im Bundestag das 2015 beschlossene Gesetz zur verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung" wieder aufzuheben. Der Zustand des Generalverdachts gegen die gesamte Bevölkerung sei unerträglich.

AK Vorrat: Union in Jamaika-Koalitionsverhandlungen bereit zu Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung

Zum Hintergrund erläutert der AK Vorrat, auf Initiative von Digitalcourage und AK Vorrat habe der Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik Ende 2016 für 23 Betroffene Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung eingereicht (Az.: 1 BvR 2683/16). Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) solle bis März 2018 zu dieser und weiteren Verfassungsbeschwerden Stellung nehmen. Im Juni 2017 habe das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung noch vor seinem Inkrafttreten als Verstoß gegen die EU-Grundrechtecharta bewertet und ausgesetzt (GSZ 2017, 33). Zuletzt hätten über 20 Bürgerrechts-, Journalisten-, Berufs- und Wirtschaftsverbände in einem Offenen Brief die Abschaffung des schwarz-roten Gesetzes gefordert. In den Jamaika-Koalitionsverhandlungen habe sich die Union zur Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung bereit erklärt, bevor die Gespräche scheiterten.

Redaktion beck-aktuell, 15. Januar 2018.