An Anwaltskammer statt Anwaltsgericht gerichtete Berufung ist unzulässig

Der Verteidiger schickt die Berufung mit einfacher Signatur an die Rechtsanwaltskammer statt das Anwaltsgericht? Dann ist sie unzulässig – daran hätte sich auch nichts geändert, wenn die RAK das Schreiben per beA an das Gericht weitergeleitet hätte, wie der AGH Hessen feststellt.

Ein Rechtsanwalt aus Hessen wurde gegen seinen Willen vom Anwaltsgericht aus seiner Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main ausgeschlossen. Das überzeugte den Anwalt nicht, er beauftragte einen Verteidiger, Berufung gegen den Ausschluss einzulegen. Der beging einen folgenschweren Fehler: Seine Berufungsschrift sendete er einfach signiert aus seinem eigenen elektronischen Postfach an die RAK – nicht an das Anwaltsgericht. Die Kammer war so nett, den Schriftsatz auszudrucken und an das Gericht weiterzuleiten. Der Anwaltsgerichtshof machte den Verteidiger darauf aufmerksam, dass die Berufungsschrift nicht rechtzeitig eingegangen war. Er stellte auch eine Wiedereinsetzung bei Einreichung einer Berufungsschrift per beA in Aussicht, erhielt darauf aber keinerlei Reaktion. So konnte der AGH Hessen (Beschluss vom 16.07.2024 – 1 AGH 12/23) nicht mehr anders als die Berufung als unzulässig abzuweisen.

Nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 32d S. 2 StPO ist die Berufungsschrift elektronisch zu übermitteln – und zwar an das Gericht, das die Entscheidung gefällt hat. Das Dokument ist laut den Frankfurter Richterinnen und Richtern nach § 32a Abs. 5 Satz 1 StPO eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist.

Der AGH hält es für irrelevant, ob die RAK die Berufung an das Gericht noch innerhalb der Rechtsmittelfrist weitergeleitet hat oder nicht. Der Papierausdruck genüge den gesetzlichen Anforderungen jedenfalls nicht, denn es sei nicht erkenntlich, wer wann den Ausdruck getätigt habe. Selbst wenn die RAK das Schriftstück auf elektronischem Wege an das Gericht weitergeleitet hätte, sei das Rechtsmittel unzulässig: Das Schriftstück sei nur einfach signiert gewesen, müsse also auf dem sicheren Übertragungsweg – dem beA – vom Absender an den empfangszuständigen Adressaten übermittelt werden. Hier wäre es stattdessen von einem Dritten gekommen.

Die geforderte Identität des Schriftstückverantwortlichen mit dem Versender des Dokuments sei bei Einschaltung eines Dritten nur gewahrt, wenn das Schriftstück qualifiziert signiert werde. Die Berufung musste deshalb verworfen werden.

AGH Hessen, Beschluss vom 16.07.2024 - 1 AGH 12/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 19. August 2024.