AG München: Siebenjähriger muss nicht für Kratzer am geparkten Auto haften

Kinder haften nicht für Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen, wenn der Schaden bei altersgemäß falscher Einschätzung der im Verkehr bestehenden Gefahren zugefügt wurde. Dies hat das Amtsgericht München mit einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 11.12.2017 bekräftigt. Die Klage eines Brunnthalers auf Schadensersatz in Höhe von 1468,34 Euro wegen eines Kratzers, den ein siebenjähriger Schüler mit dem blanken Ende eines Kickboardlenkers verursacht hatte, bleibt damit erfolglos. Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung am 15.03.2018 rechtskräftig (Az.: 345 C 13556/17).

Vorbeifahrendem Pkw ausgewichen

Der Kläger trägt vor, dass sich bald nach dem Schadensereignis der Stiefvater des Jungen bei ihm gemeldet und für den gerade verursachten Schaden entschuldigt habe. Der als Zeuge einvernommene 43-jährige Stiefvater gab an, dass der Junge die ihm und seiner älteren Schwester gehörenden Kickboards, die sie beide woanders abgestellt hatten, wiederholen wollten. In der Wohnstraße mit Tempo 30 habe ein Pkw ausgeparkt und sei nicht allzu schnell am Jungen vorbeigefahren, als dieser im Begriff war mit den Kickboards an beiden Händen die Straße zu überqueren, um zur restlichen Familie zu kommen. Er sei dann beim Vorbeifahren des Pkw mit dem rechten Kickboardlenker an dem geparkten klägerischen Auto hängen geblieben. Der Lenker habe leider keine Gummigriffe gehabt. Man habe dann den Schaden angesehen. Es habe sich um einen frischen langen Kratzer an der Fahrertür und am Kotflügel des noch sehr gut erhaltenen Autos gehandelt.

Grundsätzlich einschränkende Auslegung im ruhenden Verkehr

Der zuständige Richter wies die Klage ab. Die Klagepartei habe gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz. Gemäß § 828 BGB haftet der Beklagte vorliegend nach dem Wortlaut nur für Vorsatz: "Wer das siebente aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat". Diesen Wortlaut habe der Bundesgerichtshof bei einem Unfall mit einem geparkten Fahrzeug eingeschränkt. Grund dafür sei, dass im ruhenden Verkehr normalerweise gerade nicht die besonderen Gefahren von Kraftfahrzeugen wirken, welche ein Kind überfordern könnten.

Beteiligung eines bewegten Kraftfahrzeugs maßgeblich

Der Gesetzgeber habe Kinder diesen Alters von Haftung freistellen wollen, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert habe. Der vorliegende Fall unterscheide sich aber dadurch, dass auch nach dem Vortrag der Klagepartei das Kind einem anderen fahrenden Kraftfahrzeug ausgewichen sei und dabei den Schaden verursacht habe. Dementsprechend handele es sich nicht allein um die Beschädigung eines abgestellten Pkws, sondern Unfallursache sei ebenfalls ein bewegtes Kraftfahrzeug gewesen. Die Fähigkeit Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahren zu verhalten sei vorliegend relevant gewesen, anders als bei einem Unfall allein im ruhenden Verkehr. Es sei unerheblich, ob die Überforderung des Kindes vom beschädigten oder einem anderen Pkw ausgegangen ist.

AG München, Urteil vom 11.12.2017 - 345 C 13556/17

Redaktion beck-aktuell, 18. Mai 2018.