Die Grenzen des AGG: Schwerbehinderte Mieterin muss Hundezaun abbauen
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Für den Auslauf ihres Assistenz-Hundes stellte eine schwerbehinderte Mieterin einen Hasendrahtzaun auf. Das Problem: Die Fläche war vom Mietvertrag nicht umfasst. Die Frau sah den Vermieter in der Pflicht, den Zaun zu erlauben. Das AG Brandenburg entschied anders.

Vermieterinnen und Vermieter dürfen die Haltung eines Therapie- oder Assistenz-Hundes nicht versagen, sofern dieser der Besserung des Gesundheitszustandes der Mieterin oder des Mieters dient. Dieser Grundsatz bedeutet aber nicht, dass Mieterinnen und Mieter mit Behinderung den Gebrauch ihrer Mietsache räumlich erweitern dürfen. Im Fall eines Hasendrahtzaunes, der vertragswidrig auf eine Gemeinschaftsfläche gestellt wurde, entschied das AG Brandenburg zugunsten der Vermieterin (Urteil vom 06.05.2025 – 31 C 153/24).

Grund des Streits war eine etwa zwölf Quadratmeter große Fläche, die eine Mieterin aus Brandenburg mit hüfthohem Hasendraht eingezäunt hatte. Die Fläche grenzte an die ebenerdige Terrasse ihrer Mietwohnung, gehörte aber laut Mietvertrag nicht mehr dazu. Aufgrund einer Schwerbehinderung saß die Mieterin im Rollstuhl; nach eigenen Aussagen konnte sie ihren Hund nur dann Gassi führen, wenn ihr Gesundheitszustand und das Wetter es zuließen. Wenn nicht, war sie auf Bekannte angewiesen. Der Zaun sollte ihrem "Assistenz-Hund" – der auf Signale ihrer Krankheiten reagierte – zumindest einen geringen Auslauf ermöglichen, bei dem er die Notdurft verrichten konnte.

Die Vermieterin mahnte die Mieterin mehrfach ab. Die Fläche gehöre ihr nicht und sei außerdem regelmäßig mit Hundekot übersät. Die Mieterin berief sich auf § 554 BGB – eine Vorschrift, die Vermieterinnen und Vermieter verpflichtet, bauliche Veränderungen zum Zweck der Barrierefreiheit zu erlauben. Außerdem werde sie entgegen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligt. Die Vermieterin beharrte darauf, dass die Einzäunung ein vertragswidriger Gebrauch und damit zu unterlassen sei. Das AG Brandenburg gab ihr recht.

Besondere Rücksichtnahme, aber in Grenzen

Es stellte in seiner Begründung voran, dass das AGG schwerbehinderte Menschen durchaus besonders schütze, die von der Haltung eines Assistenz-Hundes profitieren. Dafür müssten sie nicht einmal besonders auf den Hund angewiesen sein, etwa wie Blinde auf ihre Blindenhunde. Im Fall der Mieterin reagierte der Hund auf anstehende Epilepsie-Anfälle und Veränderungen im Blutdruck, indem er sich auf je verschiedene Stellen ihres Körpers legte. Das sei für ihren Gesundheitszustand "mehr als nur förderlich", was schon ausreiche, um von der Vermieterin ein besonderes Maß an Toleranz und Rücksichtnahme zu verlangen. Diese dürfe nach Art. 3 GG und dem AGG die Haltung des Hundes in der Wohnung und auf der Terrasse grundsätzlich nicht verbieten. Allerdings, so zeigt es das Urteil, geht die besondere Rücksichtnahme und Toleranz, die Grundgesetz und AGG fordern, nicht grenzenlos.

Dem vermeintlichen Anspruch aus § 554 BGB erteilte das AG Brandenburg etwa eine Absage. Er entfalle schon deshalb, weil die Vorschrift Vermieterinnen und Vermieter nur dann zur Genehmigung von Barrierefreiheitsmaßnahmen verpflichte, wenn sie innerhalb der gemieteten Fläche liegen. Der Hasendrahtzaun sei in diesem Fall allerdings bei keiner vernünftigen Betrachtung mehr vom Mietvertrag erfasst. Auch dass andere Mieterinnen und Mieter wegen des Zauns Mietminderungen geltend machen und unter Umständen sogar selbst einen Zaun beanspruchen könnten, spreche gegen eine Erlaubnis nach § 554 BGB. Die Vertragsfreiheit der Vermieterin würde dadurch zu stark eingeschränkt.

Auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zwängen die Vermieterin nicht, den Zaun hinzunehmen. Er sei nämlich nur errichtet worden, damit der Hund "besser" ins Freie gelangen könne. Er könne allerdings auch ohne den Zaun – etwa an einer verlängerten Leine oder unter Aufsicht eines Dritten – nach draußen gelangen. Die Klägerin sei damit nicht ausreichend auf den Zaun "angewiesen", um eine Verpflichtung nach Treu und Glauben auszulösen.

Das AGG könne die Mieterin überdies nur für sich fruchtbar machen, wenn die Vermieterin durch die Versagung des Zauns eine gesetzliche Pflicht verletzen würde. § 554 BGB verpflichte Vermieterinnen und Vermieter durchaus in diesem Sinne: Würde eine Vermieterin oder ein Vermieter eine Baumaßnahme zur Barrierereduzierung verweigern, müsste sie oder er laut dem AGG einen besonderen sachlichen Grund vorweisen (§ 20 AGG). Da hier aber kein Anspruch aus § 554 BGB bestehe, sei auch eine Klage aus dem AGG nicht möglich.

Es bleibe deshalb beim Unterlassungsanspruch der Vermieterin. Das AG ließ die Berufung jedoch zu. 

AG Brandenburg, Urteil vom 06.05.2025 - 31 C 153/24

Redaktion beck-aktuell, tbh, 7. Mai 2025.

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