OLG Frankfurt a. M.: Keine Einigungs- und Terminsgebühr bei telefonischer Korrektur nur von Tippfehlern

VV 1000 RVG; VV Vorbem. 3 III 3 Nr. 2 RVG

Ein vom Rechtsanwalt geführtes Telefonat mit dem Gegner, das allein die Korrektur von Tippfehlern in einer bereits abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung zum Gegenstand hat, führt nicht zur Entstehung einer Einigungs- und Terminsgebühr. (Leitsatz des Gerichts)

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 18.06.2019 - 6 W 15/18, BeckRS 2019, 15289

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Kostenrecht 16/2019 vom 07.08.2019

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Sachverhalt

Die Beklagte hatte der Klägerin unter dem 27.04.2017 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung übermittelt. Daraufhin, am 18.5.2017, kam es zu einem Telefonat zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien. Am nächsten Tag übermittelte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine neue Fassung der strafbewehrten Unterlassungserklärung und schrieb dazu in einer E-Mail: „In der vorbezeichneten Angelegenheit bedanke ich mich für das gestrige Telefonat und übersende Ihnen anliegend noch einmal unser Schreiben vom 27.04.2017, wobei ich die von Ihnen angemerkten Korrekturen in die Unterlassungsverpflichtung in Änderungsfunktion hervorgehoben habe." Danach wurden in der ursprünglichen Unterlassungserklärung zwei Tippfehler korrigiert.

Im sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren machte die Klägerin eine Einigungs- und eine Terminsgebühr geltend. Der Rechtspfleger setzte die Einigungs- und Terminsgebühr jedoch ab. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Entscheidung: keine Einigungsgebühr ohne Änderung des sachlichen Gehalts der Erklärung, keine Terminsgebühr bei Besprechung nur über Tippfehler

Nach VV 1000 Anm. I 1 Nr. 1 RVG entstehe die Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränke sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.

Sollte das Telefonat allein den Inhalt gehabt haben, die Korrektur der Tippfehler zu veranlassen, wäre nach dem OLG Frankfurt a. M. eine Einigungsgebühr nicht entstanden, da die korrigierte Fassung der Unterwerfungserklärung keinen anderen sachlichen Gehalt habe als die ursprünglich übermittelte.

Die Klägerin verweise darauf, die ursprünglich übermittelte Unterwerfungserklärung habe die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt, weil die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe an eine iSv § 890 ZPO schuldhafte Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung geknüpft gewesen sei. Die Klägerin hätte sich in Folge des Telefonats entschlossen, eine Unterwerfungserklärung mit diesem eingeschränkten Inhalt zu akzeptieren. Die Klägerin trage jedoch selbst nicht vor, dass dieser Punkt im Rahmen des Telefonats erörtert worden sei, erst recht lege sie keine Telefonnotiz vor, die auf einen entsprechenden Inhalt des Telefonats schließen lasse. Demgegenüber habe die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, das Gespräch habe sich ausschließlich auf die Korrektur der offensichtlichen Tippfehler bezogen. Angesichts dieser Sachlage habe die Klägerin keinen Sachverhalt dargetan, der das Entstehen einer Einigungsgebühr hätte begründen können. Da davon ausgegangen werden müsse, dass es bei dem Telefonat nur um die beiden Tippfehler gegangen sei, habe auch eine Terminsgebühr nach VV 3104 RVG nicht entstehen können.

Praxishinweis:

Eine außergerichtlich entstandene Terminsgebühr kann im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gebührentatbestands zwischen den Parteien unstreitig sind (BGH, NJW-RR 2007, 286 mBesprechung Mayer RVG-Letter 2007, 4), wenn der Gegner sich zu den den Gebührentatbestand begründenden, ihm zur Stellungnahme überreichten Vortrag nicht erklärt und dieser daher nach § 138 III ZPO als unstreitig anzusehen ist (BGH, NJW-RR 2007, 787 f. mBesprechung Mayer RVG-Letter 2007, 14 f.) und schließlich wenn die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen, wobei zur Glaubhaftmachung gem. § 294 I ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden können (BGH, NJW 2007, 2493). Insbesondere die zuletzt genannte Möglichkeit der Berücksichtigung einer außergerichtlich entstandenen Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren erfordert eine aussagekräftige Dokumentation der geführten Gespräche bzw. Telefonate, damit im Kostenfestsetzungsverfahren die Entstehungsvoraussetzungen des Gebührentatbestands dargelegt und glaubhaft gemacht werden können.

Redaktion beck-aktuell, 9. August 2019.