OLG Köln: Keine Terminsgebühr bei Verwerfung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil als unzulässig ohne mündliche Verhandlung

ZPO § 341; VV 3104 Anm. I Nr. 1; VV 3105 Anm. I Nr. 2 RVG

Verwirft das Prozessgericht den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als unzulässig ohne mündliche Verhandlung entsteht keine Terminsgebühr. (Leitsatz des Gerichts)

OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2018 - 17 W 208/18, BeckRS 2018, 42403

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Kostenrecht 11/2019 vom 22.05.2019

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Sachverhalt

Nach Eingang der Klageschrift ordnete das Landgericht das schriftliche Vorverfahren gem.§ 276 ZPO an. Da der Beklagte keine Verteidigungsbereitschaft anzeigte, erging antragsgemäß Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung, § 331 III ZPO. Gegen dieses wandte sich der nicht anwaltlich, §§ 340 I, 78 ZPO, vertretene Beklagte persönlich unter Nichteinhaltung der Notfrist von zwei Wochen, § 339 I ZPO. Ohne mündliche Verhandlung verwarf das LG den Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil als unzulässig, § 341 ZPO. Zur Festsetzung meldete die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin ua eine 1,2 Terminsgebühr nach VV 3104 RVG iHv 424,80 EUR an. Die Rechtspflegerin führte die Kostenfestsetzung antragsgemäß durch. Hiergegen richtete sich der Beklagte mit seiner in der Sache selbst ohne Begründung gebliebenen sofortigen Beschwerde. Dieser half die Rechtspflegerin nicht ab und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor, die sofortige Beschwerde hatte in der Sache teilweise Erfolg.

Entscheidung: Verwerfung des Einspruchs ohne mündliche Verhandlung, keine fiktive volle Terminsgebühr

Die Festsetzung der Rechtspflegerin sei rechtsfehlerhaft erfolgt, soweit sie eine 1,2 Terminsgebühr gem. VV 3104 RVG als erstattungsfähig angesehen habe. Angefallen und zu erstatten seien lediglich eine 0,5 Terminsgebühr gem. VV 3105 RVG iHv 177 EUR, insgesamt mithin nur 657,20 EUR.

Gem. VV 3105 Anm. I Nr. 2 RVG falle eine Terminsgebühr iHv 0,5 auch dann an, wenn eine Entscheidung gem. § 331 III ZPO ergehe, dh ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren ohne mündliche Verhandlung, weil der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht angezeigt habe.

Der Fall, dass das Gericht nach Einspruch gegen das Versäumnisurteil diesen ohne mündliche Verhandlung gem. § 341 ZPO als unzulässig verwerfe, sei gebührenrechtlich nicht geregelt. Das Entstehen einer 1,2 Terminsgebühr nach VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG komme in Betracht, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, ohne eine solche entschieden werde. Für die vorliegende Fallkonstellation, nämlich dass der Einspruch gegen das Versäumnisurteil unzulässig sei, sehe das Gesetz aber ausdrücklich in § 341 II ZPO die Möglichkeit vor, dass das Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen könne. Dies habe zur Konsequenz, dass VV 3104 Anm. I Nr. 1 ZPO nicht einschlägig sei, sodass es bei der Terminsgebühr iHv 0,5 gem.VV 3105 RVG zu verbleiben habe.

Praxishinweis

Nach VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG entsteht die volle Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien und den Beteiligten oder gem. § 307 ZPO oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Es muss sich dabei um ein Verfahren handeln, für das mündliche Verhandlung grundsätzlich vorgeschrieben ist (Mayer/Kroiß/Mayer, 7. Aufl. 2018, VV 3104 RVG Anm. 12). Es genügt auch nicht, wenn das Gericht nach billigem Ermessen entscheiden kann, ob es mündlich verhandeln will. Als Ausnahmevorschrift darf VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG nicht gegen seinen Wortlaut ausdehnend ausgelegt werden. Vielmehr kann, falls eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, eine Terminsgebühr nur dann entstehen, wenn tatsächlich eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und der Anwalt die Partei in dieser auch vertreten hat (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 23. Aufl. 2017 VV 3104 RVG Rn. 19). Da die Einspruchsverwerfung nach § 341 II ZPO ohne mündliche Verhandlung erfolgen kann, scheidet in diesen Fällen die volle Terminsgebühr nach VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG aus (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 23. Aufl. 2017, VV 3104 RVG Rn. 21 mwN).

Redaktion beck-aktuell, 22. Mai 2019.