Zy­perns Prä­si­dent recht­fer­tigt Ver­ga­be "Gol­de­ner Pässe"

Der Skan­dal um die Ver­ga­be zy­pri­scher Staats­bür­ger­schaf­ten an Nicht-EU-Bür­ger nimmt un­ge­ahn­te Aus­ma­ße an. Be­am­te, Po­li­ti­ker, hohe Kir­chen­ver­tre­ter und selbst der Prä­si­dent der In­sel­re­pu­blik sol­len in das Mil­li­ar­den­ge­schäft ver­wi­ckelt ge­we­sen sein. Rund 3.500 zy­pri­sche Pässe sol­len in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren vor­nehm­lich an Chi­ne­sen und Rus­sen ver­ge­ben wor­den sein. Zy­perns Prä­si­dent Nikos Anasta­sia­des steht im Ver­dacht, selbst davon pro­fi­tiert zu haben.

Pass gegen Mil­lio­nen-In­ves­ti­tio­nen

Das 74-Jäh­ri­ge Staats­ober­haupt soll zwei Mal mit sei­ner Fa­mi­lie auf Kos­ten eines saudi-ara­bi­schen Prin­zen in des­sen Pri­vat­jet auf die Sey­chel­len ge­flo­gen sein. Anasta­sia­des muss des­halb vor einem ei­gens ge­grün­de­ten Aus­schuss aus Par­la­men­ta­ri­ern und Ju­ris­ten aus­sa­gen. Doch das ist nur die Spit­ze des Eis­bergs. Rund 3.500 zy­pri­sche Pässe sol­len in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren vor­nehm­lich an Chi­ne­sen und Rus­sen ver­ge­ben wor­den sein. Vor­aus­set­zung für das "gol­de­ne Do­ku­ment": Der An­trags­stel­ler in­ves­tiert auf Zy­pern min­des­tens 2,5 Mil­lio­nen Euro. Laut Anasta­sia­des sum­mier­ten sich die In­ves­ti­tio­nen in die­ser Zeit auf 9,7 Mil­li­ar­den Euro – Geld, das vor allem wegen der schwe­ren Fi­nanz­kri­se des Lan­des im Jahr 2013 drin­gend nötig ge­we­sen sei.

Kri­mi­nel­le En­er­gie und Vet­tern­wirt­schaft

Il­le­gal ist die Ver­ga­be an sich nicht. Doch im Jahr 2020 do­ku­men­tier­te der TV-Sen­der Al-Dscha­si­ra die kri­mi­nel­le En­er­gie, mit der hohe Staats­funk­tio­nä­re dabei un­ter­wegs waren. Mit ver­steck­ter Ka­me­ra brach­te der Sen­der den Fall ins Rol­len. Der Par­la­ments­prä­si­dent trat dar­auf­hin zu­rück – er war in Auf­nah­men als einer der Be­tei­lig­ten zu sehen, wie er einem An­wär­ter ver­sprach, sein An­lie­gen "zu re­geln". An­schlie­ßend kamen immer mehr Ver­stri­ckun­gen und Fälle von Vet­tern­wirt­schaft ans Licht. So soll bei­spiels­wei­se Anasta­sia­des frü­he­re Rechts­an­walts­kanz­lei die An­trä­ge der An­wär­ter be­ar­bei­tet haben. Sie ge­hört Anasta­sia­des zwar schon seit Jah­ren nicht mehr selbst, wird aber von sei­nen Töch­tern ge­lei­tet. Eben­falls pi­kant: Eine Nich­te von Anasta­sia­des war von 2013 bis 2019 im In­nen­mi­nis­te­ri­um für die Pass­ver­ga­be zu­stän­dig.

Reise auf Kos­ten eines sau­di­schen Prin­zen?

Vor dem Aus­schuss stan­den am 02.02.2021 je­doch zu­nächst die zwei mut­ma­ß­li­chen Rei­sen des Staats­chefs und sei­ner Fa­mi­lie auf die Sey­chel­len im Mit­tel­punkt. Ein sau­di­scher Prinz sei dafür auf­ge­kom­men, mut­ma­ßen zy­pri­sche Me­di­en und be­rich­ten, der Prinz sowie 41 sei­ner Fa­mi­li­en­mit­glie­der hät­ten nur Mo­na­te davor al­le­samt die zy­pri­sche Staats­bür­ger­schaft er­hal­ten. Auf ent­spre­chen­de Fra­gen gab Anasta­sia­des an, die Rei­sen selbst be­zahlt zu haben.

Auch Kirch­ein Skan­dal ver­wi­ckelt

Selbst die Kir­che ist in den Skan­dal ver­wi­ckelt. Für Zünd­stoff sorg­te eine Aus­sa­ge des Geist­li­chen Chry­s­osto­mos, dem Erz­bi­schof von Zy­pern. Er gab an, einem ma­lay­si­schen Staats­bür­ger zu einem zy­pri­schen Pass ver­hol­fen zu haben – für die Ver­mitt­lung habe die Kir­che 300.000 Euro er­hal­ten. Spä­ter habe sich her­aus­ge­stellt, dass der Mann mit in­ter­na­tio­na­lem Haft­be­fehl ge­sucht wurde. Chr­i­s­osto­mos selbst habe des­halb jüngst bei einem Tref­fen zu Anasta­sia­des ge­sagt: "Wir müs­sen auf­hö­ren zu klau­en!"

Auch Malta in der Kri­tik

Schon längst geht die EU gegen die um­strit­te­ne Pra­xis vor, wegen der auch Malta in der Kri­tik steht. Gegen beide Län­der läuft seit Ok­to­ber 2020 ein Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren. Denn mit einem zy­pri­schen oder mal­te­si­schen "Gol­de­nen Pass" haben die Be­tref­fen­den alle Rech­te eines EU-Bür­gers. Die Kom­mis­si­on sieht dabei ins­be­son­de­re in den Be­rei­chen Si­cher­heit, Geld­wä­sche, Steu­er­hin­ter­zie­hung und Kor­rup­ti­on Ri­si­ken.

Auf Zy­pern Ver­ga­be­pra­xis ge­stoppt

Auf Zy­pern wurde die Ver­ga­be­pra­xis im No­vem­ber 2020 ge­stoppt. Nun wird in jedem ein­zel­nen der 3.500 Fälle un­ter­sucht, ob die Ver­ga­be des "Gol­de­nen Pas­ses" mit rech­ten Din­gen zu­ge­gan­gen ist.

Redaktion beck-aktuell, 3. Februar 2021 (dpa).

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