Gericht: LG hätte Sicherungsverwahrung prüfen müssen
Denn das LG, das die beiden im November 2016 unter anderem wegen schweren Menschenhandels und Zuhälterei verurteilt hatte, muss in einem Punkt nachbessern: Die höchsten deutschen Strafrichter hoben das Urteil teilweise auf und verwiesen den Fall zurück, weil das LG keine Sicherungsverwahrung für die Angeklagten geprüft hatte.
Frauen in Prostitution getrieben
Die Frauen mussten nach Feststellung des LG in Bordellen im Rheinland, in Hessen, Hamburg und Stuttgart anschaffen – teils bis zu 18 Stunden am Tag. Die Männer kassierten die Einnahmen. Bis ihnen Fahnder nach gut drei Jahren auf die Schliche kamen und sie im Oktober 2015 in Köln und Stuttgart festnahmen. Nach Überzeugung des Gerichts hatten sie die Frauen mit Druck, brutaler Gewalt und einem "hinterlistigen Schauspiel" mit pseudo-religiösen Ritualen in die Prostitution getrieben und dann sexuell ausgebeutet.
Wochenlanger Druck mit Schlafentzug und Isolation
Die Rollen waren verteilt, die Täter gingen immer nach demselben Muster vor: Der 28-jährige Deutsche gaukelte den Opfern die große Liebe vor, isolierte sie sozial und machte sie von ihm abhängig. Dann kam der 33-Jährige – ein in Deutschland aufgewachsener Algerier – ins Spiel. Er inszenierte sich als geheimnisvoller, nicht ungefährlicher "Gesandter" und "Heiliger" mit übersinnlichen Kräften. Zusammen machten sie die Frauen gefügig, sorgten dafür, dass sie sich teils hoch verschuldeten und nach wochenlangem Druck – mit Schlafentzug und Isolation – sowie Gewalt ihre Körper verkauften.
Studentin ließ sich Tattoo stechen
Das Duo brachte eine Studentin sogar dazu, sich "DH2" ("Die heiligen Zwei") auf den Hals tätowieren zu lassen und den 33-Jährigen als "Heiligen" zu begrüßen und zu verabschieden: "Gesandter, darf ich Dir meine Hingabe erweisen. Gesandter, mein Körper ist Dir. Danke, was Du aus mir gemacht hast. Ich liebe Dich."
"Guru" lebte mit Frau und Kind in luxuriös ausgestattetem Reihenhaus
Der Jüngere, der selbst in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Älteren gestanden haben soll, brachte die Frauen von Bordell zu Bordell und kassierte die Einnahmen. Der mehrfach vorbestrafte "Guru" lebte mit Frau und Kind in einem luxuriös ausgestatteten Reihenhaus und führte nach außen hin ein normales Leben. Drei der Frauen leiden noch heute unter den psychischen Folgen. Und, so der BGH: "Sie sind finanziell ruiniert."
Bundesanwaltschaft: Gefahr für die Allgemeinheit
Gegen das LG-Urteil hatten beide Seiten Revision eingelegt. Während die Verteidiger auf ein milderes Urteil hofften, rügte die Bundesanwaltschaft, dass das Gericht keine Sicherungsverwahrung in Betracht gezogen hat. Dem Hauptangeklagten, der schon als sehr junger Mensch wiederholt mit Straftaten auffiel, bescheinigte sie: "Er ist für die Allgemeinheit gefährlich." Selbst wenn dies für den Jüngeren nicht in gleichem Maße gelte, müsse auch für ihn Sicherungsverwahrung geprüft werden. Sein Verteidiger betonte hingegen: Sein Mandant sei "nicht von einem kriminellen Lebensentwurf geprägt". Das Ganze habe sich unter dem Einfluss des Älteren aus einer "ganz speziellen Situation" heraus entwickelt.