Zu wenig Schutz für Hinweisgeber: EU-Kommission verklagt Deutschland

Die EU-Kommission verklagt Deutschland wegen unzureichenden Schutzes von Hinweisgebern vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Bundesrepublik habe Regeln zum Schutz von Menschen, die Verstöße gegen EU-Recht melden, nicht vollständig umgesetzt, meint die Kommission. Der EuGH kann Deutschland im Fall einer Niederlage zu einer Geldstrafe verurteilen. Neben Deutschland werden sieben weitere EU-Staaten verklagt.

Zuverlässiger Schutz vor Repressalien bezweckt

EU-Recht verpflichtet die Mitgliedstaaten eigentlich, Hinweisgebern geeignete Kanäle zur Verfügung zu stellen, über die sie vertraulich Verstöße gegen EU-Vorschriften melden können. "Damit soll ein zuverlässiger Schutz vor Repressalien etabliert werden", heißt es vonseiten der Kommission. Beim sogenannten Whistleblowing geht es um das Aufdecken und Weitergeben von Missständen oder kriminellen Machenschaften durch Insider, die meist als Mitarbeiter einen privilegierten Zugang zu Informationen haben.

Neue Regeln 2019 beschlossen

Angesichts mehrerer Skandale wie dem Facebook-Datenleck oder den sogenannten Panama Papers, die erst durch Whistleblower öffentlich geworden waren, hatte sich die EU 2019 auf neue Regeln geeinigt. Die Vorgaben decken unter anderem Verstöße gegen EU-Recht im Bereich der Geldwäsche, der Unternehmensbesteuerung, beim Datenschutz, bei der Lebensmittel- und Produktsicherheit, beim Umweltschutz und der nuklearen Sicherheit ab. Konkret ist etwa vorgesehen, dass Whistleblower den Weg, wie sie die Verstöße melden, frei wählen können. Sie werden nicht verpflichtet, sich als Erstes an eine Stelle in ihrem eigenen Unternehmen zu wenden.

Bundesrat stoppte Whistleblower-Gesetz

Der Europaabgeordnete Rasmus Andresen (Grüne) kritisierte den Verweis an den EuGH als den "jüngsten Akt eines wahren Trauerspiels". "In Deutschland könnte es schon seit Jahren einen ausreichenden Whistleblower-Schutz geben", sagte er. Der Bundesrat hatte das sogenannte Whistleblower-Gesetz am Freitag gestoppt. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) erklärte, das Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern gehe in seiner vorliegenden Fassung weit über die EU-Vorgaben hinaus.

Redaktion beck-aktuell, 15. Februar 2023 (dpa).