Arbeitsgruppe: Zivilprozess soll digitaler werden

E-Akten statt Papierberge, elektronische Beweismittel und beschleunigte Online-Verfahren: Dies sind die Vorschläge, die eine Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Zivilprozesses beim virtuellen deutschlandweiten Zivilrichtertag am Oberlandesgericht Nürnberg gemacht hat. Die aus 45 Richtern aus deutschen Zivilgerichten aller Instanzen und Hierarchieebenen bestehende Gruppe hatte im September 2019 ihre Arbeit aufgenommen. Den Vorsitz hatte der Präsident des OLG Nürnberg Thomas Dickert.

Ausgewählte Vorschläge der Arbeitsgruppe

Die Arbeitsgruppe will laut Mitteilung des bayerischen Justizministeriums zum einen den Zugang zur Ziviljustiz erleichtern. So soll unter anderem ein sicherer, bundesweit einheitlicher elektronischer Bürgerzugang in Form eines Justizportals eingerichtet werden. Desweiteren soll der elektronische Rechtsverkehr weiter ausgebaut werden. Dazu soll ein beschleunigtes Online-Verfahren eingeführt werden. Dabei soll es sich um ein Verfahren mit intelligenten Eingabe- und Abfragesystemen, das in der Regel vollständig im Wege elektronischer Kommunikation geführt wird, handeln. Zudem soll mehr Videokonferenztechnik eingesetzt werden: Mit virtuellen mündlichen Verhandlungen auch außerhalb des Gerichtssaals, Live-Übertragungen und Vernehmungen von Zeugen oder Sachverständigen per Videoanruf.

Dickert: Im Zivilprozess bisher nur Arbeitsmittel "modern"

Die Vorschläge der Arbeitsgruppe seien eine sehr gute Basis für die Diskussion, kommentierte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich die Ergebnisse. Sie müssten als "Startschuss für eine breite Diskussion genutzt werden". Auch der Präsident des OLG Nürnberg Dickert sieht hier Handlungsbedarf. Zivilgerichte seien noch nicht ganz im digitalen Zeitalter angekommen. Modern seien zum Teil die Arbeitsmittel, aber nicht das Verfahren. So laufe der Zivilprozess im Wesentlichen nach den Vorgaben der ZPO aus dem Jahr 1877. Im elektronischen Rechtsverkehr würden weiterhin Schriftsätze ausgetauscht und Zustellungen mit Empfangsbekenntnis entgegengenommen. Die E-Akte zeige den Akteninhalt als Abbildungen der Papierschriftsätze auf den Bildschirmen an. Der Zugang für die Bürger zum Gericht sei noch immer weitgehend papiergebunden oder erfordere eine persönliche Vorsprache. Das müsse sich ändern, so Dickert.

Redaktion beck-aktuell, 3. Februar 2021.