Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung stößt auf Ablehnung

Gewerkschaften und andere Sachverständige haben die von den Koalitionsfraktionen geplante Errichtung einer Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung abgelehnt. Die neue Zentralstelle sei entbehrlich, erklärte gestern die Gewerkschaft der Polizei in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses. Es sei nach Auffassung der Polizeigewerkschaft deutlich sinnvoller, schneller realisierbar und in der Wirkung effektiver, bereits bestehende Behördenstrukturen zu ertüchtigen und ihnen diese Aufgabe zu übertragen.

Auch Antrag der Unionsfraktion auf Schaffung einer Zollpolizei thematisiert

Die Errichtung einer solchen Zentralstelle ist ein zentraler Punkt in dem von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachten Entwurf eines "zweiten Gesetzes zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen" (BT-Drs. 20/4326). In der Anhörung unter Leitung des Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) ging es aber auch um einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion (BT-Drs. 20/4314), in dem diese verlangt, sanktionierte russische Oligarchen schnellstens wirksam zur Verantwortung zu ziehen und eine Zollpolizei zu schaffen.

Zentralstelle als Baustein bei Bekämpfung der Finanzkriminalität

Bei der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung auf Bundesebene soll dem Gesetzentwurf zufolge auch eine Hinweisannahmestelle eingerichtet werden. Die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung soll im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums angesiedelt werden, um Synergieeffekte vor allem zwischen der Sanktionsdurchsetzung und der Geldwäschebekämpfung zu erzielen. Aus Effizienzgründen soll die Zentralstelle zunächst an eine bestehende Behörde angegliedert werden. Im späteren Verlauf soll sie in die neu zu errichtende Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität überführt werden. Außerdem sieht der Gesetzentwurf vor, dass bei Immobilientransaktionen nicht mehr mit Bargeld bezahlt werden darf.

Bessere Ausstattung der Zollfahndungsämter statt neuer Direktion

Die Gewerkschaft der Polizei sieht den Gesetzesvorschlag kritisch. Statt einer neuen Direktion in der Generalzolldirektion sollte der Zollfahndungsdienst mit seinem Zollkriminalamt und den nachgeordneten Zollfahndungsämtern mit der Durchsetzung der Sanktionen beauftragt und entsprechend ausgestattet werden, fordert die Gewerkschaft. Die neue Behörde sei in der Fläche nicht verankert und somit ohne Unterbau, der zur Bekämpfung der Kriminalität wichtig sei. Die Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, berichtete, dass ihre Behörde sich bereits mit Hochdruck auf die Schaffung der neuen Einrichtung vorbereite. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter hält die kurzfristige Einrichtung einer neuen Behörde in Form eines Bundesfinanzkriminalamts in der vorgesehenen Form für "weder erforderlich, praktikabel noch zielführend". Es sollten vielmehr die bestehenden Strukturen der Generalzolldirektion genutzt werden. Christian Pelz (Partnergesellschaft Noerr) wies auf den erheblichen Zeitbedarf für die Errichtung einer neuen Bundesbehörde hin. Es sollte geprüft werden, ob nicht die stärkere Nutzung bestehender Instrumente vorzuziehen sei.

Barzahlungsverbot bei Immobilientransaktionen überwiegend begrüßt

Das geplante Barzahlungsverbot bei Immobilientransaktionen wurde von der Bundesnotarkammer "ausdrücklich" unterstützt. Da Bargeld aufgrund seiner Anonymität grundsätzlich zur Geldwäsche geeignet sei, sei das Verbot im Bereich der Immobiliengeschäfte richtig. Auch der mit Durchsetzung des Verbots verbundene Mehraufwand für die Notarbüros wurde von der Kammer unterstützt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter befürwortete das Verbot ebenfalls. Auch das Netzwerk Steuergerechtigkeit begrüßte laut Mitteilung der Bundestagspressestelle das Barzahlungsverbot, wies aber auch darauf hin, dass besonders in Bezug auf komplexe Geldwäschegeschäfte und Oligarchenvermögen Barzahlungen im Immobilienbereich nur eine untergeordnete Rolle spielten. Es sollte wie in den meisten anderen europäischen Ländern eine generelle Bargeldobergrenze eingeführt werden. Für eine effektive Bekämpfung von Kriminalität inklusive der Steuerhinterziehung wäre eine möglichst niedrige Bargeldgrenze von zum Beispiel 2.000 Euro wünschenswert.

Fehlende Finanzmarkttransparenz bemängelt

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit kritisierte ferner eine seiner Ansicht nach fehlende Finanzmarkttransparenz. So würden es börsennotierte Unternehmen im Streubesitz, Investmentfonds und andere große finanzmarktorientierte Finanzvermögen einzelnen Investoren ermöglichen, Millionenbeträge zu investieren und gleichzeitig einen so kleinen und schnell handelbaren Anteil zu halten, dass eine Nachverfolgung über das Transparenzregister in seiner jetzigen Form nicht sinnvoll und weder für die Behörden noch für die betroffenen Unternehmen möglich sei.

Rechtsexperten sehen Verbesserungsbedarf

Kilian Wegner von Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder bescheinigte dem Entwurf, in einigen bedeutsamen Punkten für Verbesserungen zu sorgen. Viele Regelungen könnten und sollten aber noch verbessert werden. Die mit Strafandrohung versehene Selbstauskunftspflicht sei bei natürlichen Personen als verfassungswidrig anzusehen, wenn der Verpflichtete sich durch die Offenlegung einer Straftat bezichtigen würde. Dies verstoße gegen den verfassungsrechtlichen verankerten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit. Rechtsanwalt Viktor Winkler bestätigte diese Auffassung und sagte, der Entwurf gehe bei Anzeigepflichten und Beweislastumkehr in eine Richtung, die verfassungsrechtlich problematisch sei.

Gitta Kharraz, 22. November 2022.