Yen-Zinsderivate-Kartelle: EuG erklärt Milliardengeldbuße gegen Broker Icap für nichtig

Der Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem diese gegen die Icap-Gruppe wegen ihrer Beteiligung an Yen-Zinsderivate-Kartellen ein Milliardenbußgeld verhängt hatte, ist teilweise nichtig. Dies hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteil vom 10.11.2017 entschieden. Das EuG moniert Beweisdefizite in Bezug auf Umfang und Dauer der Beteiligung sowie eine unzureichende Begründung der Methode für die Berechnung der Geldbuße (Az.: T-180/15).

Yen-Zinsderivate-Kartelle: Kommission verhängte Milliarden-Geldbuße gegen Icap-Gruppe

2013 verhängte die Kommission Geldbußen in einer Gesamthöhe von 669.719.000 Euro gegen die Bankinstitute UBS, RBS, Deutsche Bank, Citigroup und JPMorgan sowie gegen den Broker RP Martin wegen Beteiligung an einem oder mehreren Yen-Zinsderivate-Kartellen. Die Kommission deckte sieben verschiedene bilaterale Verstöße in den Jahren 2007 bis 2010 auf, die zwischen einem und zehn Monaten angedauert hatten. Unter anderem hatten sich dabei Händler der beteiligten Banken über bestimmte Yen-Libor-Quotierungen ausgetauscht. Sie hatten auch mehrfach wirtschaftlich sensible Informationen zu Handelspositionen oder künftigen Yen-Libor-Quotierungen ausgetauscht. Da die vorgenannten Unternehmen ihre Beteiligung an den Kartellen einräumten, konnte die Kommission die Angelegenheit in einem Vergleichsverfahren erledigen. Die Icap-Gruppe, die nach den Feststellungen der Kommission sechs der sieben aufgedeckten Kartelle unterstützt hatte, entschied sich gegen einen Vergleich, sodass ihr gegenüber das ordentliche Verfahren angewandt wurde. Die Kommission belegte sie 2015 mit einer Geldbuße von 14.960.000 Euro. Icap erhob dagegen beim EuG eine Nichtigkeitsklage.  

EuG: Icap-Beteiligung an bilateralem Kartell zwischen UBS und RBS im Jahr 2008 nicht bewiesen

Das EuG hat der Klage teilweise stattgegeben und den Kommissionsbeschluss teilweise für nichtig erklärt. Dabei sei zunächst nicht zu beanstanden, dass die Icap zur Last gelegten Verstöße nach Feststellung der Kommission ihrem Zweck nach wettbewerbsbeschränkend gewesen seien. Allerdings moniert das EuG mehrere Verfahrensfehler. So habe die Kommission zu Unrecht die Beteiligung von Icap an dem bilateralen Kartell zwischen UBS und RBS im Jahr 2008 festgestellt. Denn sie habe nicht bewiesen, dass Icap von der Rolle wusste, die RBS in diesem Kartell spielte. Icap hätte auch nicht den Verdacht schöpfen müssen, Hintergrund für die Anfragen von UBS im Jahr 2008 sei eine Kollusion mit einer anderen Bank (RBS) gewesen. Für einen solchen Schluss der Kommission reichten die vorhandenen Beweise nicht aus.

Beteiligungsdauer an drei Kartellen nicht hinreichend bewiesen

Außerdem habe die Kommission die Dauer der Beteiligung von Icap an dreien der Kartelle nicht hinreichend bewiesen, so das EuG weiter. So habe sie nicht beweisen können, dass Icap am UBS/RBS–Kartell von 2007 nach dem 22.08.2007, am Citi/RBS-Kartell zwischen dem 05.03.2010 und dem 27.04.2010 und am Citi/UBS-Kartell zwischen dem 28.04.2010 und dem 18.05.2010 beteiligt war.

Kommission hat in Vergleichsbeschluss Unschuldsvermutung missachtet

Weiter betont das EuG, dass die Kommission bei "hybriden" Vergleichsverfahren, die nicht alle Teilnehmer an einer Zuwiderhandlung beträfen, für das nicht vergleichswillige Unternehmen die Unschuldsvermutung beachten müsse. Dagegen habe die Kommission verstoßen. Denn sie habe schon in ihrem Beschluss von 2013, der im Anschluss an das ohne Teilnahme von Icap erfolgte Vergleichsverfahren ergangen sei, zur Verantwortlichkeit von Icap wegen "Unterstützung" der betreffenden Zuwiderhandlungen Stellung genommen.

Verstoß aber ohne Auswirkung auf angefochtenen Beschluss

Laut EuG kann diese Missachtung, die den Beschluss von 2013 betreffe, aber keine unmittelbare Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses haben. Ein etwaiger Mangel an Unparteilichkeit der Kommission habe unter den gegebenen Umständen keine Folgen für den Inhalt des angefochtenen Beschlusses gehabt.

Festsetzung der Geldbußen nicht ausreichend begründet

Schließlich rügt das EuG, dass die Kommission es in ihrem Beschluss unterlassen habe, die von ihr angewendete Methode zur Festsetzung der verhängten Geldbußen zu erläutern. Daher sei der Kommissionsbeschluss wegen unzureichender Begründung auch hinsichtlich der Geldbußenfestsetzung nichtig.  

EuG, Urteil vom 10.11.2017 - T-180/15

Redaktion beck-aktuell, 10. November 2017.

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