15% eines Werks sollen ohne Verlagserlaubnis öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen
Einerseits soll mit der Reform Rechtssicherheit für Nutzer digitaler wissenschaftlicher Angebote geschaffen werden, andererseits das Interesse der Urheber und Verlage an der Verwertung ihrer Werke berücksichtigt bleiben. Nach dem Gesetzentwurf dürfen Lehrer und Forscher 15% eines Werks kopieren oder in elektronische Semesterapparate einstellen und damit Studierenden öffentlich zugänglich machen, ohne Verlage vorher um Erlaubnis bitten zu müssen.
Regelungen vorerst auf fünf Jahre befristet
Die Regelungen für die sogenannte Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht sollen allerdings zunächst auf fünf Jahre befristet werden. Nach vier Jahren werde das Gesetz evaluiert, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionschef und Hochschulexperte Michael Kretschmer (CDU). Auf diesen Kompromiss hatten CDU und CSU mit Blick auf die Sorgen von Autoren und Verlage gedrungen.
Wirtschaftlich schwierige Lage vieler Verlage beeinflusste Regelung
Kretschmer sagte: "Mit diesem Gesetz machen wir das Urheberrecht fit für das digitale Zeitalter. Es handelt sich um einen fairen Ausgleich von Interessen, der vor allem die wirtschaftlichen und organisatorischen Realitäten bei den Verlagen und an den Hochschulen anerkennt." Schwarz-Rot wollte das Urheberrecht noch in der laufenden Legislaturperiode lockern, um digital verfügbare Materialien in Forschung und Lehre, Schulen und Bibliotheken unkomplizierter nutzbar zu machen. Die Hochschulen hatten Wert darauf gelegt, dass künftig keine Einzelabrechnungen von Online-Lehrmaterial festgeschrieben werden. Aus der Unionsspitze waren jedoch zuletzt skeptische Töne wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage vieler Verlage gekommen.
Börsenverein hält Gesetz für verfassungswidrig
Als "offensichtlich verfassungwidrig" und rücksichtlos in Bezug auf die Interessen der Urheber wissenschaftlicher Werke und ihrer Verlage hat indes der Börsenverein des Deutschen Buchhandels das geplante Gesetz kritisiert. Das Gestez bedrohe "weltweit vorbildliche Publikationsstrukturen, die Garant für Qualität und Vielfalt sind", sagte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.
Börsenverein: Autoren und Verlagen wird Existenzgrundlage entzogen
Die vom Ausschuss beschlossene Befristung der zentralen Vorschriften des Gesetzes auf fünf Jahre sei kein geeigneter Interessensausgleich. Da das Gesetz am 01.03.2018 in Kraft treten soll, ende die Frist erst im Jahr 2023. Dann aber könne die wissenschaftliche Publikationslandschaft bereits irreversibel beschädigt sein, meint Skipis, der „dramatische Folgen für Bildung und Wissenschaft“ befürchtet. Autoren und Verlagen werde die Existenzgrundlage entzogen. Am Ende müsse der Staat die Veröffentlichung wissenschaftlicher Werke organisieren und mit Steuergeld bezahlen.
Börsenverein für Online-Lizenzierungsportal
Der Börsenverein werde alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, gegen das Gesetz vorzugehen. Zudem werde der Verband die laufenden Arbeiten an einem leistungsfähigen Online-Lizenzierungsportal vorantreiben, über das Bibliotheken und Bildungseinrichtungen Lehrbücher und andere Lehrmedien der Verlage lizenzieren können.