Wissenschaftlicher Dienst hat Verfassungsbedenken gegen Autobahnreform

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat Bedenken, ob die Autobahnreform von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit dem Grundgesetz im Einklang steht. Das geht aus einem Gutachten des Dienstes hervor, über das zuerst die "Augsburger Allgemeine" (Ausgabe von heute) berichtete. Kritisiert wird vor allem, dass entgegen dem Reformziel eine Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern entstanden sei.

Gutachten: Mischverwaltung durch Kooperationsabkommen

Der Bund hatte mit den Ländern Kooperationsabkommen geschlossen, weil die bundeseigene Autobahn GmbH nicht wie geplant bis Ende 2020 sämtliche Prozesse von den Ländern übernehmen konnte. Aufgrund der Kooperationsvereinbarungen finde faktisch eine Mischverwaltung statt, die für die Bundesautobahnen gerade nicht vorgesehen sei, heißt es in dem Gutachten. Das Grundgesetz verteile bestimmte Zuständigkeiten an Bund und Länder, die eigenständig mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen seien. Die Länder übernähmen aber durch die Kooperationsvereinbarungen eine Vielzahl der Aufgaben, die dem Bund beziehungsweise der Autobahn GmbH oblägen, sodass sie ihre Aufgaben nicht mit eigenen Mitteln wahrnähmen.

Kooperationsvereinbarungen wohl auch nicht ausnahmsweise zulässig

Die Kooperationsvereinbarungen könnten zwar ausnahmsweise zulässig sein, heißt es im Gutachten. Ein Grund wäre ein reibungsloser Übergang der Verwaltung der Bundesautobahnen von den Ländern auf die bundeseigene Autobahn GmbH. Allerdings habe der Bundesrechnungshof schon 2017 auf eine zeitliche Knappheit hingewiesen, sei aber ungehört geblieben. "Das könnte gegen die Annahme eines sachlichen Grundes sprechen, weil die Kooperationsvereinbarungen vermeidbar gewesen wären."

Grüne: Griff in die Trickkiste zur Verschleierung des Reformversagens

Der Grünen-Chefhaushälter im Bundestag, Sven-Christian Kindler, kommentierte, Scheuer habe die Reform der Autobahn-Verwaltung gegen die Wand gefahren. Im Kern sei die Reform trotz des gesetzlichen Auftrags nicht abgeschlossen. "Mit einem Griff in die Trickkiste hat Andreas Scheuer die wahren Kosten der Reform ebenso verschleiert wie die Tatsache, dass er den Auftrag des Gesetzgebers, die Reform zum 01.01.2021 abzuschließen, nicht erfüllt hat." Die Kooperationsvereinbarungen dürften keine Dauerlösung werden, denn sie verstießen gegen Recht und Gesetz.

Redaktion beck-aktuell, 28. Juli 2021 (dpa).