Stärkung auch der Rechtsfortbildung im Bereich des Wirtschaftsrechts
"Damit wollen wir uns dem Wettbewerb mit anerkannten ausländischen Handelsgerichten und Schiedsgerichten stellen, wie es sie etwa in London, Singapur, Paris und Amsterdam gibt", so Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Insbesondere Unternehmen mit starker Exportorientierung würden davon profitieren. Insgesamt solle ein an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiertes, schnelles, effizientes und attraktives Gerichtsverfahren angeboten werden. Der Gerichtsstandort Deutschland solle dadurch auch international an Anerkennung und Sichtbarkeit gewinnen und die notwendige Rechtsfortbildung im Bereich des Wirtschaftsrechts solle gestärkt werden.
Verfahren in englischer Sprache
Den Eckpunkten zufolge sollen die Länder vorsehen können, dass bestimmte Handelsstreitigkeiten an ausgewählten Landgerichten umfassend in englischer Sprache geführt werden können. Die Parteien sollen sich dazu über die Verfahrenssprache Englisch einig sein müssen und es muss für die Wahl dieser Sprache einen sachlichen Grund geben. Das Verfahren einschließlich Entscheidung soll dann vollständig in englischer Sprache geführt werden. Gleiches soll auch für Berufungen und Beschwerden gegen diese landgerichtlichen Entscheidungen gelten, die sodann auch vor dem jeweils zuständigen Senat des Oberlandesgerichts in englischer Sprache verhandelt werden können. Der Instanzenzug vom Landgericht zum Oberlandesgericht soll grundsätzlich unverändert bleiben.
"Commercial Courts" bei den Oberlandesgerichten
Allerdings sollen die Länder die Möglichkeit einer Konzentration der Berufung beziehungsweise Beschwerde vom Landgericht zu speziellen Senaten bei den Oberlandesgerichten ("Commercial Courts") erhalten. Schließlich sollen auch Kooperationen zwischen den Ländern für gemeinsame englischsprachige Kammern möglich sein. Soweit der Streitwert eines Rechtsstreits eine bestimmte Schwelle, etwa von einer Million Euro, erreicht oder überschreitet, soll die direkte Anrufung des Commercial Courts möglich sein, wenn alle Parteien einverstanden sind. Damit kann die Ebene des Landgerichts übersprungen werden. Für die Verfahren vor den Commercial Courts soll zudem die Möglichkeit der Erstellung eines Wortprotokolls eröffnet werden, wie es bereits aus der Schiedsgerichtsbarkeit bekannt ist. Das Wortprotokoll können die Parteien bereits in der Verhandlung mitlesen.
Besetzung der Commercial Courts mit spezialisierten Richtern
Die Commercial Courts sollen mit spezialisierten Richterinnen und Richtern besetzt werden, die über sehr gute Sprachkompetenzen verfügen und Zugriff auf moderne technische Ausstattung in den Gerichten haben sollen. Die Kosten für Verfahren vor den Commercial Courts sollen den Kosten für Verfahren vor den Oberlandesgerichten entsprechen. Gegen eine Entscheidung der Commercial Courts soll die Revision zum Bundesgerichtshof eröffnet sein. Eine umfassende Verfahrensführung in englischer Sprache soll – im Einvernehmen mit dem zuständigen Senat des Bundesgerichtshofs – auch in der Revision möglich sein, wenn das Verfahren vor dem Commercial Court in englischer Sprache geführt wurde. Zur Ermöglichung der Vollstreckung und zur Unterstützung der Rechtsfortbildung sollen die englischsprachigen Entscheidungen der Landgerichte, der Commercial Courts und des Bundesgerichtshofs in die deutsche Sprache übersetzt und veröffentlicht werden.
Umfassender Schutz von Geschäftsgeheimnissen
Geschäftsgeheimnisse sollen künftig umfassender als bislang im Zivilprozess geschützt werden. Dazu sollen die Verfahrensregelungen nach dem Geschäftsgeheimnisschutzgesetz auf den gesamten Zivilprozess ausgeweitet werden. Bislang können die Gerichte die Öffentlichkeit für die Verhandlung (oder für einen Teil davon) ausschließen, wenn ein wichtiges Geschäftsgeheimnis zur Sprache kommt. Künftig soll der Schutz von Geschäftsgeheimnissen bereits auf den Zeitpunkt der Klageerhebung vorverlegt werden. Die als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Informationen sollen außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nicht genutzt oder offengelegt werden dürfen.
Mehr Einsatz von Videokonferenztechnik
Das Bundesjustizministerium hat eigenen Angaben zufolge außerdem bereits einen Referentenentwurf zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten vorgelegt. Damit sollen die bestehenden zivilprozessualen Regelungen zur Durchführung von Videoverhandlungen und Videobeweisaufnahmen noch flexibler und praxistauglicher gestaltet werden. Auch in Verfahren vor den Commercial Courts wird der Einsatz von Videokonferenztechnik damit gestärkt werden.