Wettbewerbszentrale: Airline darf Erstattungen nicht erschweren

Wettbewerbshüter sind erfolgreich gegen Regelungen der Billigfluggesellschaft Wizz Air vorgegangen, die nach ihrer Ansicht Fluggästen Erstattungen bei Verspätung und Flugausfall erschweren. Konkret ging es um eine "Abtretungsbearbeitungsgebühr", die die Airline in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorsah und durch die das Landgericht Berlin Verbraucher unangemessen benachteiligt sah. Diesen werde damit die Durchsetzung ihrer gesetzlichen Rechte unzulässig erschwert.

Gebühr bei Abtretungen an Legal-Tech-Anbieter

Die "Abtretungsbearbeitungsgebühr" sei in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ungarischen Airline für den Fall vorgesehen, dass Kunden ihre Entschädigungsansprüche an Fluggastrechteportale oder sogenannte Legal-Tech-Anbieter abtreten, teilte die Wettbewerbszentrale am Donnerstag in Bad Homburg mit. Abgetretene Ansprüche würden demnach zudem nur bearbeitet, wenn Kontakt- und Zahlungsdaten für eine direkte Auszahlung an den Passagier angegeben sind.

Unzulässige Einschränkung der Fluggastrechte

Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Regelungen als unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern, denen die Durchsetzung ihrer gesetzlichen Rechte unzulässig erschwert werde – und bekam in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin Recht. Das Urteil in dieser Grundsatzfrage vom 31.08.2021 (Az.: 103 O 7/20), das der Deutschen Presse-Agentur in schriftlicher Form vorliegt, ist den Angaben zufolge jedoch noch nicht rechtskräftig. Nach Angaben der Wettbewerbszentrale bewertete das LG die Forderung einer "Abtretungsbearbeitungsgebühr" seitens Wizz Air als "materiell-rechtliche Einschränkung der Fluggastrechte". Wizz Air war für eine Stellungnahme am Donnerstag zunächst nicht zu erreichen.

Zögerliches Verhalten vieler Airlines rief Legal-Tech-Anbieter auf den Plan

Viele Fluggastrechteportale und Legal-Tech-Anbieter lassen sich die Entschädigungsansprüche von Verbrauchern abtreten. "Nicht zuletzt die zögerliche Haltung einiger Fluggesellschaften, Fluggäste nach den gesetzlichen Regelungen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen (...) zu entschädigen, war und ist eine wesentliche Grundlage für das Geschäftsmodell der Fluggastrechteportale", erläuterte Rechtsanwalt Patrick Matern von der Wettbewerbszentrale.

Regelungen oft auch für Fluggesellschaften selbst ungünstig

Bestrebungen von Fluggesellschaften, dieses Geschäftsmodell durch vertragliche Regelungen mit den Fluggästen zu untergraben, führe nicht nur zu einer wesentlichen Einschränkung der gesetzlichen Ansprüche der Kunden, sondern benachteilige auch Fluggesellschaften, die mit erhöhtem Arbeits- und Verwaltungsaufwand Kundenansprüche bearbeiteten, argumentieren die Wettbewerbshüter.

LG Berlin, Urteil vom 31.08.2021 - 103 O 7/20

Redaktion beck-aktuell, 24. September 2021 (dpa).