Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche: DAV befürwortet Aufhebung des § 219a StGB

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) unterstützt in seiner Stellungnahme vom März 2018 die in mehreren Gesetzentwürfen enthaltene Forderung, den Straftatbestand des § 219a StGB (Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche) aufzuheben. Zwingend sei es zumindest, die Worte "anbietet, ankündigt" zu streichen, um Ärzten zu ermöglichen, sachlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, und um die Informationsfreiheit der Frauen zu gewährleisten.

Gesetzentwürfe sehen Streichung des § 219a StGB vor

Die Fraktion "Die Linke" (BT-Drs. 19/93), die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen (BT-Drs. 19/630) sowie die Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Thüringen (BR-Drs. 761/17) haben Gesetzentwürfe vorgelegt, die jeweils die Aufhebung des § 219a StGB fordern. Die Linke schlägt alternativ vor, in § 219a Abs. 1 StGB zumindest die Worte "anbietet, ankündigt" zu streichen, damit Ärzte wenigstens sachlich darüber informieren dürfen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Hintergrund der Entwürfe ist ein Anstieg der Anzeigen und eingeleiteten Ermittlungsverfahren in den letzten Jahren, der die Vorschrift in den öffentlichen Fokus rückte. Das Amtsgericht Gießen (BeckRS 2017, 133800) verurteilte eine Ärztin aufgrund eines Verstoßes gegen § 219a StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt 6000 Euro, weil sie Frauen über einen Link auf ihrer Homepage sachliche Informationen zu einem Schwangerschaftsabbruch gegeben hatte.

DAV: Ausreichender Schutz über andere Vorschriften gewährleistet 

Der DAV befürwortet die Aufhebung des § 219a StGB. Der Straftatbestand sei entbehrlich. Über andere gesetzliche Vorschriften – § 3 UWG, § 27 der ärztlichen (Muster-)Berufsordnung (MBO-Ä) – werde ein ausreichender Schutz gewährleistet. Die weite Vorverlagerung der Strafbarkeit nach § 219a StGB verstoße daher gegen das ultima-ratio-Prinzip.

Alternativen des Anbietens und Ankündigens verfassungsrechtlich bedenklich

Für den Fall, dass § 219a StGB nicht aufgehoben werden sollte, fordert der DAV, dass zumindest die Worte "anbietet, ankündigt" gestrichen werden. Insoweit bestünden bereits verfassungsrechtliche Bedenken. Der DAV verweist auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2006 (BeckRS 2007, 26142), wonach es dem Arzt auch ohne negative Folgen für ihn möglich sein müsse, darauf hinzuweisen, dass Patientinnen seine Dienste in Anspruch nehmen können, wenn die Rechtsordnung Wege zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Ärzte eröffnet.

Recht auf freie Arztwahl und Informationsfreiheit der Frauen erheblich beeinträchtigt

Außerdem werde die Informationsfreiheit der Frauen beeinträchtigt, die sich zu einem Schwangerschaftsabbruch entschlossen haben und einen Arzt suchen, der diesen vornehmen könne. Der DAV weist darauf hin, dass ihnen nach aktueller Rechtslage nur im persönlichen Gespräch durch Beratungsstellen ein oder mehrere Ärzte genannt werden dürften. Eine allgemeinere Information im Wartezimmer oder gar im Internet sei bereits tatbestandlich ein Verstoß gegen § 219a StGB. In der Konsequenz dürfe die zum Schwangerschaftsabbruch entschlossene Frau trotz Straffreiheit dieses Abbruchs nur eingeschränkt darüber informiert werden, welche Ärzte einen Abbruch vornehmen würden. Die Regelung des § 219a StGB führe zu einer erheblichen Einschränkung des Rechtes auf freie Arztwahl und die Informationsfreiheit.

Persönliche Lebenssituation muss für Entscheidung der Frau maßgeblich sein

Schließlich macht der DAV geltend, dass die höchstpersönliche Entscheidung einer Frau für einen Schwangerschaftsabbruch nicht von derzeit in § 219a StGB pönalisierten Verhaltensweisen abhängen dürfte, sondern von ihrer persönlichen Lebenssituation.

Redaktion beck-aktuell, 22. März 2018.

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