Weniger Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anhängig

Die Zahl der gegen Deutschland anhängigen Vertragsverletzungsverfahren ist zurückgegangen. Stand Ende 2019 betrieb die Europäische Kommission 70 Verfahren gegen Deutschland, Ende 2018 waren es 81 und Ende 2016 noch 91 Verfahren. Dies geht aus dem Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts hervor, den die EU-Behörde am 31.07.2020 vorgelegt hat.

Spanien, Italien und Griechenland häufigste Beklagte

Im Vergleich zu 2018 habe es 2019 über ein Fünftel mehr neue Vertragsverletzungsverfahren gegeben, berichtet die Kommission weiter. Schwerpunkte seien die Bereiche Umwelt, Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU sowie Verkehr und Mobilität gewesen, auf die zusammen die Hälfte aller Fälle entfallen sei. Die meisten neuen Verfahren wegen mangelhafter Umsetzung oder Anwendung des EU-Rechts seien gegen Spanien, Italien und Griechenland eingeleitet worden, die wenigsten gegen Luxemburg, Estland und Litauen.

Streitgegenstand überwiegend verspätete Umsetzung von Richtlinien

Über die Hälfte aller Vertragsverletzungsverfahren sei 2019 auf die verspätete Umsetzung von Richtlinien entfallen. Am höchsten sei die Zahl solcher Neuverfahren in den letzten fünf Jahren 2016 (847 Fälle; 2018: 419; 2019: 406) gewesen. Die meisten neuen Verfahren seien hier gegen Bulgarien, Belgien, Griechenland und Zypern eingeleitet worden, die wenigsten gegen Dänemark, Italien und Litauen.

Spanien auf Zwangsgeld nach Art. 260 Abs. 3 AEUV verklagt

Ferner habe die Kommission 2019 gegen Spanien Klage beim Europäischen Gerichtshof eingelegt und nach Art. 260 Abs. 3 AEUV ohne Vorverurteilung die Verhängung finanzieller Sanktionen gefordert, weil Spanien gegen seine Pflicht zur Mitteilung von Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2016/680/EU zum Datenschutz in Strafsachen verstoßen habe (Az.: C-658/19).

Art. 260 Abs. 3 AEUV 2019 erstmals vom EuGH angewandt 

Die Kommission weist überdies darauf hin, dass der EuGH 2019 (BeckRS 2019, 13423) die Sanktionsregelung des Art. 260 Abs. 3 AEUV erstmals angewandt hat. Er habe gegen Belgien ein Zwangsgeld verhängt, weil das Land nicht alle zur Umsetzung der Richtlinie über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation erforderlichen Maßnahmen erlassen und mitgeteilt hatte.

Redaktion beck-aktuell, 3. August 2020.