Pauschale Aufhebung der Verurteilungen durch Gesetz geplant
Der Gesetzentwurf soll die strafrechtliche Rehabilitierung der Menschen, die nach dem 08.05.1945 im Staatsgebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilt wurden, ermöglichen. Mit diesem Ziel sehen die geplanten Neuregelungen eine pauschale Aufhebung dieser strafrechtlichen Verurteilungen durch Gesetz vor. Wie das Bundesjustizministerium mitteilt, soll es vorrangig nicht um eine Auseinandersetzung mit der Einzelverurteilung gehen, sondern darum, die unzumutbaren Folgen der damaligen Gesetzgebung generell zu korrigieren. Die Betroffenen haben nach dem Gesetzentwurf die Möglichkeit, sich die kraft Gesetzes erfolgte Aufhebung ihrer Verurteilung durch eine Rehabilitierungsbescheinigung der Staatsanwaltschaft bestätigen zu lassen.
Bestimmte Verurteilungen ausgenommen
Von der Rehabilitierung ausgeschlossen seien Verurteilungen wegen homosexueller Handlungen mit Kindern und Verurteilungen wegen Handlungen, die unter Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen und Zwangslagen oder unter Nötigung mit Gewalt oder durch Drohung begangen wurden, so das Bundesjustizministerium. Es sei außerdem gewährleistet, dass keine Aufhebung von Verurteilungen erfolge, die nach den heute geltenden besonderen Schutzvorschriften für Schutzbefohlene, Jugendliche, Gefangene, behördlich Verwahrte sowie Kranke und Hilfsbedürftige in Einrichtungen strafbar wären. Ausgeschlossen sei schließlich eine Aufhebung von Verurteilungen wegen Handlungen, die unter Ausnutzung einer Amtsstellung oder eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses begangen wurden und die nach den entsprechenden heutigen Schutzvorschriften strafbar wären.
3.000 Euro Individualentschädigung geplant
Die Aufhebung der Strafurteile sei für den einzelnen Betroffenen mit einer Entschädigung wegen des durch die Verurteilung erlittenen Strafmakels verbunden. Der Gesetzentwurf sehe ein pauschaliertes Entschädigungsmodell vor, welches eine zügige Bearbeitung der Entschädigungsansprüche ermöglicht. Festgelegt werde ein Pauschalbetrag von 3.000 Euro je aufgehobener Verurteilung plus 1.500 Euro pro angefangenem Jahr erlittener Freiheitsentziehung. Die Entschädigungen würden aus dem Bundeshaushalt geleistet. Zuständig hierfür soll das Bundesamt für Justiz sein.
Daneben Kollektiventschädigung vorgesehen
Ergänzend und parallel zu der im Gesetzentwurf vorgesehenen Individualentschädigung soll eine Kollektiventschädigung erfolgen, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums. Für viele Betroffene stehe der Wunsch nach einer Kollektiventschädigung im Vordergrund, während eine Individualentschädigung als eher nachrangig betrachtet werde. Außerdem soll so Berücksichtigung finden, dass viele homosexuelle Männer auch ohne Verurteilung allein durch die Existenz der Strafvorschrift und das damit verbundene Stigma erheblich belastet waren. Zudem könne für bereits verstorbene Betroffene eine Individualentschädigung nicht mehr erreicht werden. Die Kollektiventschädigung soll haushaltsrechtlich in Form einer institutionellen Förderung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Höhe von 500.000 Euro jährlich aus dem Haushalt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz erfolgen. Ziel der Förderung sei es, die Arbeit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld langfristig zu stärken und auf eine gesicherte Grundlage zu stellen. Die Stiftungszwecke der Bundesstiftung erfassten gerade auch die Aufarbeitung der Strafverfolgung nach dem damaligen § 175 StGB, erläutert das Justizministerium.