Wechsel am BAG: Präsidentin Schmidt geht - Neumann wird neuer Richter

Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, ist zum 30.09.2021 in den Ruhestand getreten. Schmidt habe sich stets unprätentiös mit ganzer Kraft für die Belange des Gerichts eingesetzt und hierbei herausragende Erfolge im Dienst der Gleichberechtigung und des demokratischen Rechtsstaats erzielt, heißt es in einer Mitteilung des BAG. Wie das Gericht weiter mitteilte, wurde Karsten Neumann zum 01.10.2021 zum BAG-Richter ernannt.

Nachfolge noch ungeregelt

Die erste Frau als Präsidentin des BAG wurde am Freitag in Erfurt mit einem Festakt in den Ruhestand verabschiedet. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger für Schmidt, die das Gericht 16 Jahre geleitet hat, steht noch nicht fest. Sie bedauere es sehr, dass ihr Abschied nicht gleichzeitig ein Amtswechsel sei, sagte Schmidt. Sie warnte davor, die Präsidentenstellen bei den obersten deutschen Gerichten "als Verschiebemasse zu begreifen. Das ist nicht gut". Sie nahm Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) von der Kritik an der ungeklärten Nachfolge aus. "An ihm liegt es nicht." Der Minister sagte am Rand des Festakts, die Nachfolge werde so schnell wie möglich geregelt. In der Übergangszeit vertritt Vizepräsident Rüdiger Linck das Gericht.

Ramlow würdigt Schmidt

Heil sowie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) würdigten die Arbeit von Schmidt. Vieles, was arbeitsrechtlich in Deutschland gelte, basiere auf Gerichtsentscheidungen, sagte der Minister. Als erste Frau an der Spitze des Bundesarbeitsgerichts sei Schmidt zudem "für viele junge Juristinnen ein Vorbild geworden". Inzwischen sei nahezu die Hälfte der Richterstellen des BAG in Erfurt mit Frauen besetzt. Bei dessen Umzug 1999 von Kassel nach Erfurt seien es erst vier Richterinnen gewesen, jetzt gebe es nahezu eine paritätische Besetzung, betonte Ramelow. "Sie haben das Haus maßgeblich geprägt."

Schmidt studierte in Frankfurt am Main

Schmidt wurde 1955 in Bürstadt geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main und Zweitem Staatsexamen im April 1983 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Privat- und Verfahrensrecht sowie Rechtsvergleichung an der Universität Frankfurt am Main. Im Juni 1985 trat sie als Richterin in die Hessische Sozialgerichtsbarkeit ein, wo sie zuletzt als Richterin am Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt tätig war. Von November 1990 bis Februar 1993 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an das Bundesverfassungsgericht abgeordnet.

Karriere beim BAG

Zum 01.08.1994 wurde Schmidt zur Richterin am BAG ernannt. Sie war zunächst Mitglied des Siebten Senats und gehörte seit Juni 2000 dem Ersten Senat an. Nach ihrer Ernennung zur Vorsitzenden Richterin im September 2002 war sie dem Sechsten Senat als Vorsitzende zugewiesen. Im März 2005 wurde Schmidt zur Präsidentin des BAG berufen und übernahm den Vorsitz des Ersten Senats. Mit diesem entwickelte sie nach Angaben des BAG die Rechtsprechung zur Tariffähigkeit und -zuständigkeit von Arbeitnehmervereinigungen und deren Spitzenorganisationen, zum Arbeitskampfrecht, Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmungsrecht richtungsweisend weiter und trug in einer Vielzahl von rechtsfortbildenden Entscheidungen wesentlich zur Sicherung der kollektiven Ordnung bei. Schmidt habe sich in ihrem Amt zudem einer frauenfreundlicheren Personalpolitik verschrieben und habe damit nachhaltig Erfolg gehabt.

Autorin bedeutsamer arbeitsrechtlicher Publikationen

Als Herausgeberin und Autorin bedeutsamer arbeitsrechtlicher Publikationen, vornehmlich zum Betriebsverfassungs- und Befristungsrecht, habe Schmidt den wissenschaftlichen Diskurs nachhaltig bereichert, heißt es in der Mitteilung des BAG. Sie ist Mitherausgeberin der "Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht" und von "Recht der Arbeit".

Karsten Neumann zum BAG-Richter ernannt

Wie das BAG weiter mitteilte, hat der Bundespräsident den Richter am Sächsischen LSG Karsten Neumann mit Wirkung vom 01.10.2021 zum Richter am BAG ernannt. Neumann, geboren 1971 in Brehna ist gelernter Instandhaltungsmechaniker. Nach Abschluss seiner juristischen Ausbildung trat er im September 1999 in den Justizdienst des Freistaats Sachsen ein und wurde am Arbeitsgericht Leipzig eingesetzt. Ab September 2001 war er als Richter am Landgericht Leipzig und ab September 2002 als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Leipzig tätig. Von Oktober 2005 bis Dezember 2007 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesarbeitsgericht abgeordnet. Ab 2008 war er dem Sozialgericht Leipzig zugewiesen. In der Zeit von Juli 2011 bis Juni 2012 war er zum Zweck der Erprobung zum Sächsischen LAG abgeordnet. Zum 01.05.2020 wurde er zum Richter am LSG berufen. Das Präsidium hat ihn dem Vierten Senat zugeteilt. Dieser ist insbesondere zuständig für das Tarifvertragsrecht und für Streitigkeiten über Eingruppierungen.

Redaktion beck-aktuell, 1. Oktober 2021 (ergänzt durch Material der dpa).