VW-Musterklage: Gericht drängt auf Vergleichsgespräche

Hunderttausende Dieselkunden dürfen auf eine schnellere Entscheidung im Musterprozess gegen Volkswagen hoffen. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Braunschweig, Michael Neef, forderte am 18.11.2019 den VW-Konzern auf, ernsthaft über Vergleichsverhandlungen nachzudenken. Bis Ende das Jahres sollen beide Partien mitteilen, ob grundsätzlich Gespräche über eine Einigung in Betracht kommen.

VW sieht derzeit keine Vergleichsmöglichkeit

Damit nimmt die Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) für rund 445.000 Dieselkunden, die von VW wegen manipulierter Abgaswerte Schadenersatz fordern, deutlich an Fahrt auf. Die Verbraucherzentralen bekräftigten ihre Bereitschaft zu verhandeln. Ein VW-Sprecher sagte: “Bisher ist ein Vergleich kaum vorstellbar.“ Wenn Klarheit darüber herrsche, wer Ansprüche erhebe, werde das Unternehmen aber genau schauen, ob Gespräche praktikabel seien.

Zahl der für Klage registrierten Verbraucher steht noch nicht fest

Tatsächlich steht die Zahl der beim Bundesamt für Justiz registrierten Verbraucher immer noch nicht fest. Es habe rund 445.000 Anmeldungen gegeben, teilte Richter Neef mit. Gleichzeitig lägen aber auch etwa 77.000 Rücknahmeerklärungen vor. Dabei könne es einzelne Erklärungen geben, in denen jeweils mehrere Tausend Verbraucher verzichten. Neef kündigte an, sich beim Bundesamt für eine schnelle Klärung einzusetzen. Beide Partien betonten, dass der komplette Registerauszug wesentlich für sinnvolle Gespräche sei.

Mögliche Entschädigung würde mit Nutzung des Fahrzeugs verrechnet

Inhaltlich ging es auch am zweiten Verhandlungstag um den Unterschied zwischen vertraglichen Pflichtverletzungen und deliktischen Pflichtverletzungen. In der ersten Kategorie blieb der Senat bei der Auffassung, dass Schadenersatz-Ansprüche schwierig sein dürften, weil die meisten Kunden ihren Kaufvertrag nicht mit dem Konzern, sondern mit einzelnen Händlern abgeschlossen hätten. Richter Neef bekräftige zudem seine Auffassung, dass klagende Kunden sich darauf einstellen müssten, dass bei einer Entschädigung die Nutzung des Autos verrechnet würde.

Gericht äußerte sich bislang nicht zum Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung

Bei dem Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung wegen gefälschter Diesel-Abgaswerte positionierte sich das Gericht noch nicht. Die Tatsache, dass Neef aber über zahlreiche Urteile zugunsten der Verbraucher referierte, deuteten die Kläger als Erfolg. Für einen möglichen dritten Verhandlungstermin wird die Senatsposition zu einem möglichen Betrug daher mit Spannung erwartet.

Redaktion beck-aktuell, 19. November 2019 (dpa).

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