Voßkuhle-Nachfolger Harbarth sieht keine Probleme durch sein Politiker-Vorleben

Der aller Voraussicht nach künftige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, sieht keinen Konflikt mit seiner früheren Funktion als Vizechef der Unionsfraktion. "Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, dass auch Politiker an das Bundesverfassungsgericht berufen werden können", sagte der 48-Jährige der "Augsburger Allgemeinen“ am 16.03.2020. Harbarth soll in den nächsten Wochen Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle ablösen, dessen Zeit in Karlsruhe turnusmäßig Anfang Mai 2020 nach zwölf Jahren endet.

Entscheidung des Bundesrats steht noch aus

Harbath muss aber noch vom Bundesrat mit Zweidrittel-Mehrheit gewählt werden. Damit Voßkuhle aufhören kann, muss zudem seine Richterstelle im Zweiten Senat nachbesetzt werden. Dass der Vizepräsident aufrückt, gilt als ungeschriebene Regel und ist seit Harbarths Wechsel ans Gericht Ende 2018 vorgezeichnet.

Befangenheitsfrage stellt sich auch bei Richtern ohne politisches Vorleben

Mit Blick auf eine mögliche Befangenheit sagte Harbarth: "Wenn aus meiner Sicht eine Befangenheit vorliegen könnte, werde ich das dem Gericht anzeigen. Dann wird nach den gesetzlichen Vorgaben ohne meine Mitwirkung entschieden, ob ich an diesem Verfahren mitwirken kann oder nicht.“ Die Frage stelle sich im Übrigen genauso bei Richtern ohne Vorleben als Politiker, die zum Beispiel früher als Hochschullehrer Gutachten zu bestimmten Themen erstellt hätten.

Problem bestand bereits bei Entscheidung über Verfassungsmäßigkeit des Verbots von Kinderehen

Harbarths Richterkollegen im Ersten Senat hatten im Dezember 2019 entschieden, dass ihr Vorsitzender über die Verfassungsmäßigkeit des 2017 beschlossenen Verbots von Kinderehen mitentscheiden kann. Harbarth hatte zwar angegeben, damals im Bundestag intensiv in die Vorbereitung und Verabschiedung eingebunden gewesen zu sein. Der Senat sah mehrheitlich trotzdem keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln – Harbarth habe damals rein rechtspolitisch argumentiert.

Redaktion beck-aktuell, 17. März 2020 (dpa).