Reform des Justizsystems als Voraussetzung
Die EU-Kommission hatte sich zuvor nach monatelangem Streit mit der polnischen Regierung auf einen Plan für die Auszahlung der Hilfen geeinigt. Das Land kann auf 23,9 Milliarden Euro an Zuschüssen sowie zusätzliche 11,5 Milliarden Euro an Krediten hoffen. Polen hatte seinen Aufbauplan im Mai 2021 eingereicht. Um Geld aus der sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) der EU zu erhalten, müssen Mitgliedstaaten einen Plan mit Investitions- und Reformvorhaben vorlegen, der eigentlich innerhalb von zwei Monaten von der Kommission beurteilt werden soll. Die Genehmigung des polnischen Plans wurde allerdings verschoben. Von der Leyen forderte zunächst umfangreiche Reformen des polnischen Justizsystems, um die nach Auffassung der EU-Kommission nicht mehr voll gewährleistete Unabhängigkeit der Richter wieder herzustellen.
Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer
Nach langem Streit hatte die Regierung in Warschau zuletzt ein Gesetz zur Änderung des Justizsystems ins Parlament eingebracht. Die Novelle sieht vor, die umstrittene Disziplinarkammer, die jeden Richter und Staatsanwalt bestrafen und entlassen kann, abzuschaffen und durch ein anderes Gremium zu ersetzen. Die erste Kammer des Parlaments, der Sejm, billigte den Gesetzentwurf Ende Mai. Die zweite Kammer, der Senat, hat noch einige Änderungsvorschläge. Der Sejm muss über diese noch in dritter Lesung abstimmen. Von der Leyen betonte nun, auch das Disziplinarregime als Ganzes müsse reformiert werden. So müssten Richter, die bereits von Entscheidungen der Disziplinarkammer betroffen seien, diese Entscheidung überprüfen lassen können. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki entgegnete: "Es ist in unserem Interesse, dass alle Richter maximal unabhängig und überparteilich sind."