Vier Jahre Haft für IS-Mitgliedschaft

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat eine 32-jährige Frau am Freitag unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen des Gerichts war die Frau im Juni 2014 gemeinsam mit ihrem Mann über die Türkei nach Syrien gereist, um sich dort dem IS anzuschließen. 

Angeklagte führte Haushalt

Während die Angeklagte zunächst in einem Frauenhaus des IS wohnte, absolvierte ihr Mann Onur E. eine Ausbildung als Kämpfer. Kim Teresa A. lebte bis Juli 2016 mit Onur E. zusammen, folgte ihm zu seinen jeweiligen Einsatzorten, befürwortete nach der Überzeugung des Gerichts seine Kampfhandlungen und unterstützte ihn, indem sie – wie im IS für die Ehefrau eines Kämpfers vorgesehen – den Haushalt führte, ihn versorgte und im Krankheitsfall pflegte. Dabei bezog das Paar Leistungen von der Terrororganisation. Sie lebten in vom IS besetzten Unterkünften, deren rechtmäßige Bewohner vertrieben, inhaftiert oder getötet worden waren. Zudem erhielten Onur E. und die Angeklagte vom IS monatlich 80 bis 100 US-Dollar, wovon die Hälfte vom IS ausdrücklich der Angeklagten als Entlohnung für ihre Tätigkeit als Ehefrau eines IS-Kämpfers zugedacht war. Die Angeklagte besaß zudem in zwei Fällen ein Sturmgewehr vom Typ Kalaschnikov AK-47. Mit diesen allzeit geladenen Waffen wollte die Angeklagte, die sich mit der Funktionsweise der Waffen vertraut gemacht hatte, sich und den IS im Angriffsfall verteidigen.

Leben im "Kalifat" beschönigt

Während ihres Aufenthalts in Syrien betrieb die Angeklagte gemeinsam mit anderen zum IS ausgereisten Frauen zwei Chatgruppen, in denen das Leben im "Kalifat" beschönigt wurde. Teilnehmer einer der beiden Gruppe waren auch Frauen in Deutschland, die sich mit dem Gedanken trugen, gleichfalls zum IS auszureisen. Ihnen wurden in der Chatgruppe praktische Tipps für eine Ausreise zum IS gegeben. Die Angeklagte war auch darauf bedacht, Kritik am IS zu unterbinden und so die Vereinigung zu stärken: Als die ebenfalls aus Deutschland zum IS ausgereiste Zeugin Sabine S. sich in einem von ihr betriebenen Internet-Blog kritisch über den IS äußerte, zeigte die Angeklagte sie bei einem IS-Gericht an und initiierte damit Ermittlungen des IS gegen die Zeugin, die dazu führten, dass diese ihren Blog aufgab.

Festnahme bei Ankunft in Deutschland

Als die Situation für die Angeklagte im IS-Gebiet im Frühjahr 2016 wegen des Vordringens gegnerischer Kräfte zunehmend gefährlich wurde, entschloss sie sich, das Herrschaftsgebiet des IS zu verlassen. Sie hatte sich zwar nicht von dem islamistischen Gedankengut gelöst, sah sich aber aufgrund ihres Aufenthalts im Kriegsgebiet wiederkehrend erhöhter Lebensgefahr ausgesetzt. Nachdem ihr Mann im Juli 2016 wegen des Verdachts verhaftet worden war, er wolle sich vom IS lossagen, gelangte sie unter Vermittlung des Zeugen Björn S. mit Hilfe von Schleusern Mitte August 2016 in ein seinerzeit von der FSA (Freie Syrische Armee) gehaltenes syrisches Territorium. Dort fand sie Unterkunft bei einer der FSA nahestehenden syrischen Familie. Im Herbst 2020 floh sie mit erneuter Schleuserhilfe aus Syrien in die Türkei und kehrte am 02.10.2020 nach Deutschland zurück, wo sie bei ihrer Ankunft am Flughafen Frankfurt am Main verhaftet wurde.

Begehung von Kriegsverbrechen

Nach der Entscheidung des Gerichts hat sich die Angeklagte der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in neun Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit der Begehung von Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte gemäß § 9 Abs. 1 Völkerstrafgesetzbuch sowie in zwei weiteren Fällen jeweils in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz schuldig gemacht. Soweit der Angeklagten ein weiterer Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen wurde, hat der Senat die Strafverfolgung gemäß § 154 Abs. 2 StPO auf die zur Verurteilung gelangten Taten beschränkt.

Redaktion beck-aktuell, 2. November 2021.