VGH Mannheim verneint Anspruch aus IFG auf Übermittlung von Kopien aus Unterlagen des Generalbundesanwalts

Das Informationsfreiheitsgesetz ist nicht einschlägig für einen Anspruch Dritter auf Übermittlung von Kopien aus Unterlagen des Generalbundesanwalts. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim im Fall eines eingetragenen Vereins entschieden, der sich der Förderung der Informationsfreiheit verschrieben hat. Der Verein hatte vom Generalbundesanwalt Kopien von Unterlagen verlangt, die im Zusammenhang mit der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen Mitarbeiter der "Netzpolitik.org“ standen. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Urteil vom 02.06.2017, Az.: 10 S 1478/16).

Verein verlangt Einsicht in Korrespondenz zwischen Ministerium und Generalbundesanwalt

Im konkreten Fall begehrte der Verein vom Generalbundesanwalt die Übermittlung von Unterlagen der Korrespondenz zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Generalbundesanwalt im Zusammenhang mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Landesverrats gegen Mitarbeiter der Organisation "Netzpolitik.org" im August 2015. Außerdem beanspruchte er die Übersendung aller dem Generalbundesanwalt zu jener Angelegenheit vorliegenden Gutachten, etwa des Bundesamts für Verfassungsschutz. Der VGH wies die Klage ab und entschied, dass sich der klagende Verein für sein Informationsbegehren nicht auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) berufen könne.

Strafrechtspflege ist Anwendungsbereich des IFG entzogen

Denn § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG gewähre nur Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber den "Behörden des Bundes". Die Tätigkeit des Generalbundesanwalts, um die es hier gehe, betreffe aber kein Verwaltungshandeln im materiellen Sinne, sondern ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Der Bereich der Strafrechtspflege sei dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 IFG entzogen; eine rechtspolitische Bewertung dieser gesetzgeberischen Entscheidung stehe dem Senat nicht zu.

Kein Berufen auf Art. 5 GG

Auch konnte der klagende Verein den begehrten Informationszugang nicht unmittelbar auf das Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG stützen. Es fehle an einer "allgemein zugänglichen Quelle" im Sinn der Vorschrift, weil amtliche Dokumente des Generalbundesanwalts im Bereich der Strafrechtspflege wegen § 1 Abs. 1 IFG nicht allgemein zugänglich seien. Ferner konnte sich der Verein laut Gericht auch nicht auf die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen, weil sie ausweislich des Vereinszwecks "kein Vertreter der Presse" sei. Das Grundrecht auf Pressefreiheit gewähre zudem grundsätzlich nur einen Auskunftsanspruch, nicht aber die von der Klägerin begehrte Übermittlung bestimmter Unterlagen.

Kein Informationsanspruch aus EU-Recht

Auch Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) begründe keinen Informationsanspruch der Klägerin, so das Gericht. Denn ein Verstoß gegen diese Vorschrift komme hier schon deswegen nicht in Betracht, weil ein solcher zumindest voraussetze, dass nach innerstaatlichem Recht tatsächlich kein Anspruch auf Erlangung der begehrten Informationen bestehe. Dies lasse sich aber nicht feststellen, so der VGH.

VGH: Informationszugang möglicherweise über Antrag auf Akteneinsicht

Denn der klagende Verein habe bisher keinen Antrag auf Akteneinsicht nach § 475 StPO beim Generalbundesanwalt gestellt. Es sei deshalb, so der VGH abschließend, nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin den begehrten Informationszugang mit einem IFG-Antrag beim Bundesjustizministerium und damit einer Behörde des Bundes im Sinne des IFG erreichen könne.

Redaktion beck-aktuell, 6. Juni 2017.