VGH Mannheim: Stuttgart muss Mehrkosten für privaten Kita-Platz erstatten

Die Landeshauptstadt Stuttgart muss einem vierjährigen Kind die Mehrkosten für einen selbstbeschafften Betreuungsplatz erstatten, da sie ihm 2013 und 2014 keinen Platz in einer städtischen Tageseinrichtung zur Verfügung stellen konnte. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württmberg in Mannheim mit Urteil vom 08.12.2016 entschieden (Az.: 12 S 1782/15).

Mehrkosten für Betreuung in privater Krippe geltend gemacht

Die Eltern des 2012 geborenen Klägers meldeten diesen gut zwei Monate nach seiner Geburt bei der beklagten Landeshauptstadt Stuttgart für einen Kita-Platz ab dem ersten Lebensjahr an. Da die Beklagte keinen Betreuungsplatz anbieten konnte, brachten die Eltern ihn von Januar 2013 bis November 2014 in einer privaten Kinderkrippe unter. Die im Zeitraum August 2013 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz) bis November 2014 dadurch entstandenen Mehrkosten machte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, beim Verwaltungsgericht Stuttgart geltend.

VG Stuttgart verpflichtet Stadt zu Kostenübernahme

Das VG erpflichtete die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 5.620 Euro zuzüglich Zinsen und stellte zudem fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres auch die weiteren Kosten für seine Unterbringung in seiner privaten Kinderkrippe in Stuttgart zu erstatten, soweit diese die Kosten überschreiten, die bei einer Unterbringung in einer städtischen Tageseinrichtung entstehen würden, solange dem Kläger kein zumutbarer Platz in einer städtischen Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege durch die Beklagte bereitgestellt wird.

Bloßes "Versorgtsein" reicht nicht aus

Gegen das Urteil des VG hat sich die Beklagte mit der vom VGH zugelassenen Berufung gewandt. Der VGH legt seiner Entscheidung – wie schon das VG – zugrunde, dass das bloße "Versorgtsein" mit einem Betreuungsplatz in einer privaten Kindertagesstätte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII die Träger der Jugendhilfe nicht davon entbindet, die zu betreuenden Unter-Dreijährigen in den Kreis der Anspruchsberechtigten einzubeziehen. Auch der Umstand, dass die Landeshauptstadt öffentliche Mittel für den Betrieb privat-gewerblicher Tageseinrichtungen zur Verfügung stellt und so mittelbar dazu beiträgt, dass solche Betreuungsplätze neben jenen in städtischen Kindertagesstätten zur Verfügung stehen, führe für sich genommen nicht zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf frühkindliche Förderung.

Keine Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Verhalten

Der VGH geht ferner davon aus, dass der Kläger aufgrund der Umstände des zu entscheidenden Falles nicht verpflichtet war, die Verschaffung eines Betreuungsplatzes durch die Stadt Stuttgart im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes "einzuklagen". Die Aufwendungen für den vom Kläger selbst beschafften (wohnortnahen) Betreuungsplatz in der privaten Kindertagesstätte "Early Bird Club" in Stuttgart hält der VGH deshalb dem Grunde nach entsprechend den Grundsätzen des § 36a Abs. 3 SGB VIII für erstattungsfähig. Von den monatlichen Betreuungskosten müsse der Kläger sich aber grundsätzlich abziehen lassen, was er auch in einer städtischen Kindertagesstätte aufgewandt hätte. Für ein unwirtschaftliches Verhalten des Klägers – etwa eine Luxusbetreuung – sah der VGH im zu entscheidenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte. Eine Korrektur des verwaltungsgerichtlichen Urteils sei lediglich in Bezug auf einzelne Aufwendungen des Klägers in Höhe von 330 Euro veranlasst gewesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

VGH Mannheim, Urteil vom 08.12.2016 - 12 S 1782/15

Redaktion beck-aktuell, 14. Dezember 2016.

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