VGH Mannheim: Regelung zu Präsenzpflicht an Universität Mannheim ist unwirksam

Eine Bestimmung in der Prüfungsordnung eines Bachelor-Studiengangs, wonach als Studienleistungen auch die Präsenzpflicht sowie die hinreichende Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Studien festgesetzt werden können, ist zu unbestimmt. Dies hat der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim mit Urteil vom 21.11.2017 in einem Normenkontrollverfahren entschieden. Gegenstand des Falls war die Regelung in § 13a Abs. 3 Satz 2 der Prüfungsordnung für den Studiengang Bachelor of Arts (B.A.) Politikwissenschaft der Universität Mannheim. Nach Auffassung des Gerichts ist die Norm unwirksam (Az.: 9 S 1145/16).

VGH: Berufsfreiheit der Studierenden betroffen

Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichte den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen, so der VGH. Normen müssten so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen könnten und die Gerichte in der Lage seien, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Die Anforderungen des Bestimmtheitsgebots wüchsen mit der Intensität der Einwirkungen auf die Regelungsadressaten. Hier sei zu berücksichtigen, dass eine komplexe Grundrechtskonstellation mit mehreren Grundrechtsträgern (Studierende, Dozenten, Universität) vorliege. Zudem werfe die pauschale Festsetzung einer Präsenzpflicht als Studienleistung in besonderer Weise die Frage der Verhältnismäßigkeit des hiermit verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit der Studierenden auf. Schließlich sei dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit Rechnung zu tragen.

Regelung für Studierende in mehrfacher Hinsicht unklar

Vor diesem Hintergrund sei die Regelung nicht hinreichend bestimmt, betont der VGH. Sie stelle die Erfüllung einer Präsenzpflicht wie auch die hinreichende Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Studien als Studienleistung letztlich in das Ermessen des Dozenten. Für den Studierenden und den Rechtsanwender blieben damit vor allem drei Punkte unklar. So sei nicht geregelt, unter welchen Mindestvoraussetzungen die Studienleistung der Präsenz als "bestanden" im Sinne des § 13a Abs. 1 Nr. 1 der Prüfungsordnung angesehen werden könne. Auch zu den Rechtsfolgen von Fehlzeiten aus wichtigem Grund wie beispielsweise Krankheit fehle jede normative Regelung. Unklar sei schließlich, für welche Arten von Veranstaltungen die Präsenzpflicht gelten solle; eine Einschränkung, etwa im Hinblick auf Vorlesungen und andere Lehrveranstaltungen, bei denen es in erster Linie um die Wissensvermittlung gehe, finde sich in § 13a Abs. 3 Satz 2 der Prüfungsordnung nicht.

VGH Mannheim, Urteil vom 21.11.2017 - 9 S 1145/16

Redaktion beck-aktuell, 29. November 2017.

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