VGH Mannheim: MPU-Pflicht nach Alkoholfahrt trotz Erneuerung spanischer Fahrerlaubnis

Die Pflicht, nach einer Alkoholfahrt und der Entziehung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, das belegt, dass der Autofahrer inzwischen zwischen Alkoholkonsum und Autofahren hinreichend trennen kann, entfällt nicht durch die Erneuerung einer spanischen Fahrerlaubnis. Dies geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg in Mannheim vom 27.06.2017 hervor (Az.: 10 S 1716/15). Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Für Deutschland entzogene Fahrerlaubnis wurde in Spanien nach Gesundheitstest erneuert

Der Kläger ist Deutscher, der sich seit 1992 überwiegend in Spanien aufhält. Er erwarb 1992 in Spanien eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B. Diese Fahrerlaubnis wurde ihm 2009 vom Amtsgericht Karlsruhe-Durlach wegen einer Trunkenheitsfahrt mit 2,12 Promille für das Bundesgebiet entzogen. Nach Ablauf der vom AG verhängten Sperrfrist für eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis wurde der spanische Führerschein des Klägers in Spanien mehrmals erneuert. In Spanien sind Führerscheine – abhängig vom Lebensalter des Inhabers – zehn, fünf oder zwei Jahre gültig. Bei Ablauf der Gültigkeitsdauer wird der Führerschein dann erneuert, wenn ein vorgeschriebener Gesundheitstest bestanden worden ist.

Deutsche Fahrerlaubnisbehörde verlangt medizinisch-psychologisches Gutachten

Wegen der im Recht der Europäischen Union verankerten Pflicht der Mitgliedstaaten, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheine "ohne jede Formalität" anzuerkennen, vertrat der Kläger gegenüber der deutschen Fahrerlaubnisbehörde den Standpunkt, dass er infolge der Erneuerung seines spanischen Führerscheins wieder berechtigt sei, in Deutschland ein Kraftfahrzeug zu führen. Die deutsche Fahrerlaubnisbehörde vertrat hingegen die Auffassung, dass ihm das Recht, von seiner spanischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, erst dann wieder zustehe, wenn er durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten belegt habe, dass er inzwischen in der Lage sei, Alkoholkonsum und Autofahren hinreichend voneinander zu trennen.

VGH: Bloße Führerschein-Erneuerung kein Beleg für wiedererlangte Fahreignung

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe folgte dieser Rechtsauffassung und hat die Klage abgewiesen. Der VGH Mannheim hat jetzt die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Unionsrechtlich ein von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein nur dann "ohne jede Formalität" von Deutschland anzuerkennen sei, wenn der ausstellende Mitgliedstaat unionsrechtlich verpflichtet gewesen sei, sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu prüfen. Dies sei aber nicht der Fall, wenn ein Führerschein der Klassen A und B bei Ablauf der Gültigkeit erneuert werde. Vielmehr könne jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang er die Erneuerung eines Führerscheins von bestimmten Tests oder Kursen abhängig mache. Die bloße Erneuerung eines Führerscheins tauge daher, anders als das bei einer Neuerteilung der Fall sei, nicht als Beweis dafür, dass sein Inhaber – nach der Fahrerlaubnisentziehung – seine Fahreignung wieder erlangt habe.

VGH Mannheim, Urteil vom 27.06.2017 - 10 S 1716/15

Redaktion beck-aktuell, 17. Juli 2017.

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