VGH Mannheim: Land muss Erbenermittlerin Auskunft über Wert einer Fiskuserbschaft geben

Eine Erbenermittlerin kann nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz vom Land Auskunft über den Wert des Nachlasses einer Verstorbenen verlangen. Das Land könne dem berechtigten Informationsbedürfnis weder fiskalische Interessen noch den postmortalen Persönlichkeitsschutz Verstorbener entgegenhalten. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 21.03.2019 entschieden (Az.: 10 S 397/18, ZD 2019, 380 (Ls.).

Erbenermittlerin verlangte Auskunft über Fiskuserbschaft

Die Klägerin betreibt ein Büro für Erbenermittlungen. Im Jahr 2016 forderte sie den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg auf, ihr den Wert des Nachlasses einer Verstorbenen mitzuteilen. In Bezug auf diesen Nachlass hatte das Nachlassgericht ein Fiskuserbrecht des Landes festgestellt, weil im Zeitpunkt des Todes weder ein Testament noch ein gesetzlicher Erbe vorhanden war. Die Klägerin stützte ihre Bitte um Auskunft auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG).

VG verpflichtete Land zur Auskunftserteilung

Der Landesbetrieb Vermögen und Bau lehnte es aber ab, die erwünschte Auskunft zu erteilen. Der Auskunftsanspruch des LIFG diene nicht der Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen Einzelner. Es würden die finanziellen Interessen des Landes betroffen und es müsse außerdem eine Überlastung der Verwaltung durch gehäufte Anfragen vermieden werden. Schließlich stehe dem Auskunftsbegehren das Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen sowie der zu ermittelnden Erben entgegen. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt und verpflichtete das Land, der Klägerin die begehrte Auskunft über den Wert des Nachlasses der Verstorbenen zu erteilen. Das Land legte Berufung ein.

VGH bestätigt vorinstanzliche Entscheidung

Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr auch die Berufung des Landes zurückgewiesen. Die Klägerin habe einen Rechtsanspruch auf Erteilung der von ihr begehrten Auskunft gemäß § 1 Abs. 2 LIFG. Bei dem Landesbetrieb handele es sich um eine informationspflichtige Stelle des Landes. Der Wert des Nachlasses, der dem Land bereits bekannt sei, sei eine amtliche Information im Sinn des LIFG. Der Informationsanspruch sei auch nicht zum Schutz der Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr ausgeschlossen.

Fiskuserbrecht dient nicht zum Schutz des Fiskus

Nachteilige, einer Informationserteilung entgegenstehende Auswirkungen könnten nicht damit begründet werden, dass Erbenermittler abhängig vom jeweils mitgeteilten Nachlasswert gerade die Erben werthaltiger Nachlässe ermitteln würde, während dem Land nur noch wertlose oder überschuldete Fiskuserbschaften verblieben. Das gesetzliche Fiskuserbrecht bezwecke lediglich, eine Herrenlosigkeit von Nachlässen zu vermeiden. Es diene aber nicht dazu, den Fiskus davor zu schützen, dass bisher unbekannte vorrangige Erben des Verstorbenen noch ermittelt werden.

Postmortaler Persönlichkeitsschutz Verstorbener steht Auskunft nicht entgegen

Es bestehe auch kein anderer Grund, die begehrte Information nicht mitzuteilen. Zwar gewährleiste der postmortale Persönlichkeitsschutz Verstorbener, dass diese nicht grob herabgewürdigt oder erniedrigt werden. Jedoch sei mit der Information über den Wert des Nachlasses eine Verletzung der Menschenwürde der Verstorbenen nicht verbunden. Zum einen handele es sich um keine der engeren Privatsphäre der Verstorbenen zuzuordnende Information. Zum anderen werde durch die Mitteilung des Nachlasswerts die Verstorbene weder grob herabgewürdigt oder erniedrigt noch werde ihr zu Lebzeiten erworbener Geltungsanspruch grob entstellt.

VGH Mannheim, Urteil vom 21.03.2019 - 10 S 397/18

Redaktion beck-aktuell, 5. September 2019.