DocMorris darf apothekenpflichtige Arzneimittel nicht über Automaten ausgeben
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© Uwe Anspach / dpa

Die niederländische Versandapotheke DocMorris darf apothekenpflichtige Arzneimittel nicht mittels eines Automaten in den Verkehr bringen. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim entschieden und damit ein vom Regierungspräsidium Karlsruhe gegenüber DocMorris ausgesprochenes Verbot bestätigt. Den Automaten hatte DocMorris in den Räumen einer ehemaligen Apotheke in Hüffenhardt aufgestellt.

DocMorris in Deutschland ohne Betriebserlaubnis

Die zulässigen Formen des Inverkehrbringens apotheken- beziehungsweise verschreibungspflichtiger Arzneimittel für den Endverbrauch seien im Arzneimittelrecht abschließend normiert (numerus clausus), so das Gericht. Danach dürften Arzneimittel nur in einer Apotheke oder im Weg des zulässigen Versandes in Verkehr gebracht werden. Da die Klägerin über keine Erlaubnis für den Betrieb einer Apotheke im Bundesgebiet verfüge, komme es darauf an, ob ihr Vertriebsmodell als zulässige Form des Versandhandels betrachtet werden könne, der von ihrer niederländischen Versandhandelserlaubnis gedeckt sei.

Niederländische Versandhandelserlaubnis greift nicht

Dies sei indes nicht der Fall. Wesentliches Abgrenzungsmerkmal zwischen dem Versandhandel und der Abgabe von Arzneimitteln in einer Apotheke sei die Notwendigkeit der Beförderung beziehungsweise des Transports und der Auslieferung der Ware (unmittelbar) an den Kunden. Danach könne das von der Klägerin praktizierte Vertriebsmodell nicht aufgrund des "antizipierten Medikamentenversands" dem arzneimittelrechtlichen Versandbegriff zugeordnet werden. Denn der Versand der Arzneimittel aus den Geschäftsräumen der Klägerin in den Niederlanden an die Geschäftsräume in Hüffenhardt erfolge nicht unmittelbar an den Endverbraucher, sondern diene lediglich der Vorratshaltung. Der Sache nach stelle sich das Vertriebsmodell der Klägerin als eine durch die Einschaltung des "Videoberaters" und des ferngesteuerten Ausgabeautomaten lediglich technisch modifizierte Abgabe apotheken- beziehungsweise verschreibungspflichtiger Arzneimittel in einer (faktischen) Apotheke dar, für die sie über keine Erlaubnis verfüge und für die ihr eine Erlaubnis auch nicht erteilt werden könne.

Abgabenbeschränkung mit EU-Recht vereinbar

Die Beschränkung der Abgabe apotheken- und rezeptpflichtiger Arzneimittel an Endverbraucher auf die Abgabe innerhalb einer Apotheke und den Versand aus einer in- bzw. ausländischen Apotheke sei auch mit unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Der damit verbundene Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) sei im Sinne des Art. 36 AEUV zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt. Der Europäische Gerichtshof habe bereits entschieden, dass die Mitgliedstaaten den Verkauf von Arzneimitteln im Einzelhandel grundsätzlich Apothekern vorbehalten könnten. Insoweit könne ein Mitgliedstaat im Rahmen des ihm eingeräumten Wertungsspielraums der Ansicht sein, dass der Betrieb einer Apotheke durch einen Nichtapotheker eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung darstellen könne.

Einsatz abhängig beschäftigter Apotheker genügt nicht

Der EuGH habe ferner festgestellt, dass kein konkretes System ersichtlich geeignet sei, ebenso wirksam wie die Regel des Ausschlusses von Nichtapothekern zu gewährleisten, dass in der Praxis nicht gegen Rechtsvorschriften zur Sicherstellung der beruflichen Unabhängigkeit der Apotheker verstoßen werde würde. Ein solches alternatives System stelle auch das Vertriebsmodell der Klägerin nicht dar. Denn es vertraue die Einhaltung arzneimittelrechtlicher Einzelanforderungen zum Schutz einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung beziehungsweise der Arzneimittelsicherheit abhängig beschäftigten - und damit weisungsabhängigen - Apothekern und pharmakologisch-technischen Assistenten an, die zudem regelmäßig mit der Betreuung einer Vielzahl von Abgabestationen betraut sein dürften. Die Revision wurde nicht zugelassen.

VGH Mannheim - 9 S 527/20

Redaktion beck-aktuell, 11. November 2021.