Ein Mann hatte an seiner Villa Umbauarbeiten vorgenommen, obwohl sie im Denkmalbuch stand. Er versuchte erfolglos, sie aus dem Denkmalbuch löschen zu lassen. Außerdem beantragte er in einem Parallelverfahren, festzustellen, dass die Villa kein Kulturdenkmal darstelle, oder hilfsweise wenigstens, dass die Umbauarbeiten im Nachhinein genehmigt werden. Das VG Stuttgart wies beide Klagen am selben Tag ab und der Eigentümer beantragte in beiden Sachen, die Berufung zuzulassen. In Sachen Löschung aus dem Denkmalbuch übersendete sein Prozessbevollmächtigter die Begründung seines Antrags eine halbe Stunde vor Fristablauf. Die Begründung für den zweiten Antrag ging drei Minuten zu spät beim VGH Mannheim ein.
Die Begründung für den Wiedereinsetzungsantrag klang ungewöhnlich: Mittags schon habe der Kartenleser für den beA-Zugang nicht funktioniert. Deshalb sei ein Gerät eines Kollegen installiert worden, um sich ins beA einzuloggen. Der Funktionstest auf der zweiten Ebene – Citrix Workspace (eine digitale Arbeitsumgebung) – sei aber negativ ausgefallen. Die Ursache dafür habe wohl in dem Server gelegen, der außerhalb der Kanzlei arbeitete. Er habe deshalb den Schriftsatz erstellen, dann in der Cloud abspeichern und dann über beA versenden wollen. Diese "Synchronisation" dauere an sich nur wenige Sekunden. Im Parallelverfahren habe das auch geklappt. Dann habe er sich den Wecker auf fünf vor Mitternacht gestellt, um bis dahin noch an dem hier gegenständlichen Schriftsatz zu arbeiten. Als es dann zur Versendung kam, habe die Synchronisation wesentlich länger als erwartet gedauert.
Ein Fehler reicht schon für das Verschulden
Der VGH (Beschluss vom 14.12.2023 – 1 S 1173/23) lehnte die Zulassung zur Berufung ab, weil der Antrag bereits wegen der Verfristung nach § 124a Abs. 4 VwGO unzulässig war. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO war nicht zu gewähren, weil dem Prozessbevollmächtigten den Mannheimer Richterinnen und Richtern zufolge gleich drei Fehler unterlaufen waren, die seinem Mandanten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen waren:
Erstens habe er mehr als nur fünf Minuten für die Versendung einkalkulieren müssen. Wer als Rechtsanwalt die Rechtsmittelfrist bis zum letzten Tag ausschöpfe, müsse zumindest eine Zeitreserve für eventuelle Störungen in der Übermittlung einplanen. Der VGH betrachtet auch die Kalkulation hinsichtlich der Synchronisation als viel zu kurz. Nur wenige Minuten für die notwendige Synchronisation zwischen dem lokalen PC des Anwalts und einem Arbeitssystem auf einem Server in einem weit entfernten Rechenzentrum sei keine ausreichende Zeitreserve, da immer mit Übertragungsproblemen und schwankenden Internetverbindungen zu rechnen sei. Und drittens habe er schon mittags um die Probleme gewusst und hätte daher geeignete Maßnahmen treffen müssen, um die rechtzeitige Versendung sicherzustellen. Dem VGH schwebte diesbezüglich vor, den Schriftsatz auf dem lokalen Rechner zu erstellen und zu versenden.