Aufenthalts- und Betretungsverbote gegen Ultra-Fußballfans des SC Freiburg verhängt
Die Polizei in Freiburg verzeichnete ab 2009 einen Anstieg von Gewaltdelikten anlässlich von Fußballspielen des SC Freiburg. Vor diesem Hintergrund verbot die Beklagte den Klägern, die nach polizeilicher Einschätzung dem gewaltbereiten Spektrum der Freiburger Fußballszene und sogenannten Ultragruppen zuzuordnen waren, mit mehreren Bescheiden, bestimmte Bereiche im Umfeld des SC-Freiburg-Stadions, der Innenstadt und des Stadtteils Stühlinger an Heimspieltagen zwischen August und Dezember 2014 zu betreten.
Zusätzliche Meldeauflagen für einen Kläger
Einem der Kläger waren darüber hinaus Meldeauflagen erteilt worden. Diese verpflichteten ihn, sich in dem genannten Zeitraum an Auswärtsspieltagen des SC bei einer Polizeidienststelle in Freiburg zu melden. Dadurch sollte verhindert werden, dass er zum jeweiligen Auswärtsspielort anreist. Die Kläger erhoben Klagen zum Verwaltungsgericht Freiburg und beantragten festzustellen, dass die Verbote und die Meldeauflagen rechtswidrig waren. Das VG gab einer dieser Klagen in vollem Umfang und zwei Klagen teilweise statt. Gegen diese Urteile legten die Beklagten und, soweit sie teilweise verloren hatten, auch die Kläger Berufung ein.
VGH: Voraussetzungen für Aufenthalts- und Betretungsverbote waren erfüllt
Der VGH hat entschieden, dass die Aufenthalts- und Betretungsverbote in allen drei Fällen rechtmäßig waren. Nach 27a Abs. 2 Satz 1 PolG Baden-Württemberg könne die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, "wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird". Das Aufenthaltsverbot dürfe gemäß § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG Baden-Württemberg die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten. Laut VGH waren die Voraussetzungen für den Erlass eines Aufenthaltsverbotes in den Fällen der Kläger erfüllt.
Zugehörigkeit zur Ultra-Szene begründet "Tatsache" im Sinn der Vorschrift
Eine "Tatsache" im Sinn dieser Vorschrift könne insbesondere die Zugehörigkeit einer Person zu einer in der Vergangenheit als gewaltbereit aufgefallenen Gruppe - wie hier "Ultras" einer Fußballszene - sein. Auch die Teilnahme eines Fußballfans an sogenannten Drittortauseinandersetzungen - also an mit Anhängern anderer Mannschaften einvernehmlich verabredeten, außerhalb der eigentlichen Fußballbegegnung und nach gewissen "Regeln" abgehaltenen Schlägereien - könne für die Prognose, ob er innerhalb eines Stadions oder der Innenstadt Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, berücksichtigt werden.
Dreimonatsgrenze eingehalten
Die Beklagte habe auch die Dreimonatsgrenze eingehalten, so der VGH weiter. Die Kläger hätten gemeint, die Grenze sei überschritten worden, weil die Beklagte Aufenthaltsverbote für August bis Dezember 2014 ausgesprochen hatte. Die Beklagte sei anderer Auffassung gewesen, weil sie innerhalb dieses Zeitraums Verbote nur für einzelne Tage ausgesprochen hatte und die Tage in der Summe nicht mehr als drei Monate umfassten.
Dreimonatszeitraum ab Verbotswirksamkeit maßgeblich - Erneutes Aufenthaltsverbot möglich
Laut VGH kann die Polizei in einem Bescheid (Verwaltungsakt) ein Aufenthaltsverbot längstens für die sich an den ersten Tag der Wirksamkeit des Verbots anschließenden drei Monate aussprechen. Zudem müsse das Verbot alsbald nach Erlass des Verwaltungsakts beginnen. Nach dem Erlass eines Aufenthaltsverbots sei der Erlass eines erneuten Aufenthaltsverbots nicht ausgeschlossen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Polizei eine neue aktuelle Gefahrenprognose erstelle und diese ergebe, dass die Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG Baden-Württemberg weiterhin vorlägen. Diese Vorgaben habe die Beklagte hier im Ergebnis eingehalten.
Meldeauflagen unverhältnismäßig
Die einem der drei Kläger von der Beklagten erteilten Meldeauflagen (Az.: 1 S 1693/16) hat der VGH dagegen als rechtswidrig beurteilt. Diese Maßnahme sei unverhältnismäßig gewesen. Es hätte ausgereicht, dem Kläger eine Meldeauflage zu erteilen, die ihn an den Auswärtsspieltagen nicht - wie geschehen - grundsätzlich an seinen Wohnort Freiburg gebunden, sondern es ihm ermöglicht hätte, sich auch an anderen Polizeidienststellen im Bundesgebiet mit Ausnahme des Austragungsorts des Auswärtsspiels zu melden.