VGH Kas­sel: Mas­ken­pflicht wird nicht außer Voll­zug ge­setzt

Die vor­über­ge­hen­de Pflicht zum Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung in den in der 4. Ver­ord­nung zur Be­kämp­fung des Co­ro­na-Virus der hes­si­schen Lan­des­re­gie­rung ge­nann­ten Ein­rich­tun­gen, ins­be­son­de­re in Post- und Bank­fi­lia­len und Le­bens­mit­tel­ge­schäf­ten, wird nicht außer Voll­zug ge­setzt. Dies geht aus einem Be­schluss des Hes­si­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs in Kas­sel vom 05.05.2020 her­vor, mit dem ein ent­spre­chen­der Eil­an­trag ab­ge­lehnt wurde (Az.: 8 B 1153/20.N, un­an­fecht­bar).

An­trag­stel­ler: Grund­recht auf freie Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit be­ein­träch­tigt

Der An­trag­stel­ler be­gehr­te den Er­lass einer einst­wei­li­gen An­ord­nung in einem Nor­men­kon­troll­ver­fah­ren, indem er sich di­rekt gegen die die Mas­ken­pflicht an­ord­nen­de Re­ge­lung der Ver­ord­nung wen­de­te. Er mach­te gel­tend, durch die in der Ver­ord­nung an­ge­ord­ne­te Pflicht zum Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung in sei­nem Grund­recht auf freie Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit (Art. 2 Abs. 1 GG) in rechts­wid­ri­ger Weise be­ein­träch­tigt zu wer­den. Die Au­ßer­voll­zug­set­zung der im Nor­men­kon­troll­ver­fah­ren an­ge­grif­fe­nen Be­stim­mung sei daher ge­bo­ten.

Ge­richt: Ein­griff er­folgt zu le­gi­ti­men Zweck

Der VGH hat den Eil­an­trag ab­ge­wie­sen. Die an­ge­grif­fe­ne Re­ge­lung er­wei­se sich auf­grund der im Eil­ver­fah­ren ge­bo­te­nen sum­ma­ri­schen Prü­fung weder als of­fen­sicht­lich rechts­wid­rig noch sei bei der an­zu­stel­len­den Fol­gen­ab­wä­gung die Au­ßer­voll­zug­set­zung der Re­ge­lung ge­bo­ten. Der Ein­griff er­fol­ge zu einem le­gi­ti­men Zweck, näm­lich dem Schutz der Ge­sund­heit der Be­völ­ke­rung und ins­be­son­de­re einer Ver­hin­de­rung der Über­las­tung des Ge­sund­heits­sys­tems.

Als wei­te­rer Bau­stein zu Pan­de­mie-Be­kämp­fung sinn­voll

Die Maß­nah­me dürf­te auch ge­eig­net und not­wen­dig sein, um die­ses Ziel zu er­rei­chen. Zwar seien Selbst­iso­lie­rung bei Er­kran­kung, eine gute Hän­de­hy­gie­ne, Ein­hal­ten von Hus­ten- und Nies­re­geln sowie das Ab­stand­hal­ten (min­des­tens 1,5 Meter) nach wie vor die wich­tigs­ten und ef­fek­tivs­ten Maß­nah­men. Da­ne­ben sei je­doch nach der­zei­ti­gem Er­kennt­nis­stand auch das Tra­gen eines Mund-Nasen-Schut­zes als ein wei­te­rer Bau­stein zur Be­kämp­fung der Pan­de­mie ins­be­son­de­re an­ge­sichts zahl­rei­cher asym­pto­ti­scher Über­trä­ger sinn­voll.

Bis­lang kein er­höh­ter Zu­griff auf für me­di­zi­ni­sches Per­so­nal vor­be­hal­te­ne Mas­ken

So­weit der An­trag­stel­ler gel­tend mache, die "Mas­ken­pflicht" werde die Be­völ­ke­rung nur dazu ver­an­las­sen, sich doch mit hoch­wirk­sa­men, ei­gent­lich dem me­di­zi­ni­schen Per­so­nal vor­be­hal­te­nen, Mas­ken ein­zu­de­cken, lasse sich ein sol­ches Ver­hal­ten bis­lang in den Su­per­märk­ten nicht fest­stel­len.

Auch Ein­wand trü­ge­ri­scher Si­cher­heit über­zeugt Ge­richt nicht

Der Ein­wand, der Mund-Nasen-Schutz wiege die Men­schen in trü­ge­ri­scher Si­cher­heit, da er je­den­falls den Trä­ger nicht zu­ver­läs­sig vor einer An­ste­ckung schüt­ze, über­zeu­ge eben­falls nicht. Auch wenn es der­zeit noch an ge­si­cher­ten wis­sen­schaft­li­chen Be­le­gen dafür fehle, dass diese Maß­nah­me zu­ver­läs­sig ge­eig­net sei, die Pan­de­mie ein­zu­däm­men, indem sie jed­we­de An­ste­ckung ver­hin­de­re, er­schei­ne es plau­si­bel, dass da­durch Tröpf­chen, die beim Spre­chen, Hus­ten oder Nie­sen aus­ge­sto­ßen wür­den, in ihrer Reich­wei­te ein­ge­schränkt wer­den und so zu­min­dest teil­wei­se An­ste­ckun­gen un­ter­bun­den wer­den könn­ten. Zudem er­schwe­re der Mund-Nase-Schutz die un­be­wuss­te Be­rüh­rung der Schleim­häu­te im über­deck­ten Be­reich mit un­ge­rei­nig­ten Hän­den.

VGH Kassel, Beschluss vom 05.05.2020 - 8 B 1153/20.N

Redaktion beck-aktuell, 6. Mai 2020.

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