VGH Kassel: Land Hessen kann von maltesischem Sportwetten-Veranstalter keine Teilnahme am Duldungsverfahren verlangen

Das Land Hessen ist nicht berechtigt, von einem Sportwetten-Veranstalter mit Sitz in Malta die Teilnahme an einem sogenannten Duldungsverfahren zu verlangen, um einer auf das Veranstalten von Sportwetten bezogenen Untersagungsverfügung beziehungsweise einem Ordnungswidrigkeitsverfahren zu entgehen. Dies hat der hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel auf die Beschwerde einer Sportwetten-Veranstalterin mit Beschluss vom 29.05.2017 entschieden (Az.: 8 B 2744/16).

VGH: Antragstellerin darf in Hessen Sportwetten veranstalten

Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass die betroffene Sportwetten-Veranstalterin derzeit berechtigt sei, Sportwetten in Hessen zu veranstalten, ohne hierzu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zu bedürfen. Die Veranstaltung von Sportwetten durch die Antragstellerin weise einen grenzüberschreitenden Bezug auf und unterfalle daher der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit, in deren Ausübung die Antragstellerin derzeit nicht beschränkt sei. Sowohl das Sportwetten-Monopol als auch das für eine Experimentierphase geschaffene Konzessionsvergabeverfahren und die nunmehr vom Land Hessen eröffnete Möglichkeit, eine Duldung im Bereich der Sportwetten zu erlangen, genügten den unionsrechtlichen Anforderungen nicht.

Konzessionsvergabeverfahren verstößt gegen das Transparenzgebot

Das vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport durchgeführte Konzessionsvergabeverfahren für die Vermittlung von Sportwetten verletze das Transparenzgebot. Nach diesem Gebot seien alle Bedingungen und Modalitäten des Konzessionsvergabeverfahrens vor dem Vergabeverfahren klar, genau und eindeutig zu formulieren, sodass alle Bieter die genaue Bedeutung dieser Informationen verstehen können. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, weil das für die Vergabe maßgebliche Auswahlkriterium unzutreffend angegeben worden sei, und auch die Gewichtung der Auswahlkriterien nicht im Einklang mit den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages gestanden hätten.

Staatliches Sportwetten-Monopol lässt Kohärenz vermissen

Das staatliche Sportwetten-Monopol beschränke die Dienstleistungsfreiheit der Antragstellerin ebenfalls in europarechtlich nicht zulässiger Weise, weil es jedenfalls im Hinblick auf den tatsächlichen Normvollzug an einer kohärenten, das heißt in sich stimmigen, Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels der Suchtprävention fehle. Auch das vor diesem Hintergrund für eine Übergangszeit vom Land Hessen entwickelte Duldungsverfahren widerspreche europarechtlichen Vorgaben. Zum einen gehe es dabei nicht um die Eröffnung eines durch eine Erlaubnis rechtlich abgesicherten Marktzugangs, sondern um die Vermeidung repressiver Maßnahmen, und zum anderen genüge der bloße Hinweis des Landes Hessen im Internet auf die Voraussetzungen, unter denen eine solche Duldung erteilt werden kann, nicht dem Transparenzgebot.

VGH Kassel, Beschluss vom 29.05.2017 - 8 B 2744/16

Redaktion beck-aktuell, 30. Mai 2017.

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