Kein Asylverfahren für bereits in Bulgarien anerkannten erwerbsfähigen Flüchtling

Gesunden und arbeitsfähigen anerkannt Schutzberechtigten drohen in Bulgarien keine systemischen Mängel, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 4 der EU-Grundrechtecharta führen. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Kassel entschieden. Sie hätten daher keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Deutschland.

Syrischer Kläger bereits in Bulgarien als Flüchtling anerkannt

Dem Kläger, einem 1978 geborenen syrischen Staatsangehörigen, wurde bereits im April 2014 in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Anschließend reiste er nach Deutschland weiter und stellte hier erneut einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschied hierzu ohne inhaltliche Prüfung des Asylantrags, dass dem Kläger aufgrund seines in Bulgarien bereits erlangten Schutzstatus kein Asylrecht in Deutschland mehr zusteht. Die vom Kläger hiergegen erhobene Klage mit dem Ziel, ein Verfahren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Bundesgebiet durchführen zu können, wies das Verwaltungsgericht Wiesbaden ab. 

VGH: Kläger droht keine Obdachlosigkeit oder Verelendung in Bulgarien

Der VGH hat die Berufung des Klägers - soweit sie noch anhängig war - nun zurückgewiesen. Zur Begründung hieß es, dem Kläger drohe in Bulgarien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinn von Art. 4 der EU-Grundrechtecharta in Form von Obdachlosigkeit oder Verelendung. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs werde die besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit nicht erreicht. Diese setze voraus, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtige oder sie in einen Zustand der Verelendung versetze, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre.

VGH Kassel, Entscheidung vom 26.10.2021 - 8 A 1852/20.A

Redaktion beck-aktuell, 27. Oktober 2021.