VGH Kassel: Hessischer Rundfunk muss Hörfunk-Wahlwerbespot der NPD senden

Anlässlich der Europawahl muss der Hessischen Rundfunk (hr) einen Hörfunk-Wahlwerbespot der NPD ausstrahlen. Dies geht aus einem den Beteiligten am 08.05.2019 zugestellten Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Kassel hervor, mit dem eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main aufgehoben wurde. Die NPD stellt in dem Spot eine Verbindung zwischen Zuwanderern und steigender Kriminalität her (Az.: 8 B 961/19).

Sendezeiten im Mai zugewiesen

Die NPD beantragte im zugrundeliegenden Fall gegenüber dem hr die Ausstrahlung eines Wahlwerbespots im Hörfunk zum Zweck der Wahlwerbung für die anstehende Europawahl. Mit Bescheid vom 05.04.2019 wies der hr der NPD für die Ausstrahlung eines Hörfunk-Wahlwerbespots jeweils eine Sendezeit am 02.05., am 09.05. und am 21.05.2019 zu.

Wortlaut des Wahlwerbespots

Am 02.05.2019 begehrte die NPD – nachdem sie mit dem Antrag auf Ausstrahlung eines inhaltlich nahezu identischen Spots beim VG Frankfurt am Main, beim Oberverwaltungsgericht Koblenz und beim Bundesverfassungsgericht zunächst gescheitert war – die Ausstrahlung ihres Wahlwerbespots mit folgendem Wortlaut: "Seit der willkürlichen Grenzöffnung 2015 und der seither unkontrollierten Massenzuwanderung werden Deutsche fast täglich zu Opfern... An dieser Stelle ist dieser Spot leider zensiert. Jetzt gilt es zu handeln und Schutzzonen für unsere Sicherheit zu schaffen. Denn diese Sicherheit ist in Gefahr. Viele Städte und Stadtteile sind inzwischen zu No-Go-Areas für uns Deutsche geworden. Das wollen wir nicht hinnehmen. Sagt Frank Franz, NPD Parteivorsitzender. Weil der Staat wegsieht oder nicht mehr in der Lage ist zu handeln, hat die NPD mit ihrer „Schutzzonen Kampagne“ selbst die Initiative ergriffen. Wir reden nicht nur, wir sind da, wo der Bürger uns braucht. Schutzzonen sind Orte, an denen sich Deutsche sicher fühlen sollen. Doch nicht nur bei uns auf den Straßen, auch in der Politik muss etwas geschehen. Der NPD-Europaabgeordnete Udo Voigt setzt sich seit Jahren für die Sicherung der europäischen Außengrenzen ein. Die Einwanderungspolitik der EU stürzt Deutschland und Europa ins Chaos. Ich vertrete seit fünf Jahren deutsche Interessen in Europa und gedenke dies auch künftig zu tun, damit Europa und Deutschland wieder sichere Schutzzonen werden. Zur Europawahl gibt es keine Prozenthürde. Jede Stimme für Udo Voigt zählt. Wir schaffen Schutzzonen für uns Deutsche. NPD wählen."

Sender: Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt

Der hr lehnte die Ausstrahlung dieses Werbespots noch am selben Tag ab, weil dieser den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle. Die NPD suchte am 02.05.2019 gegen die Ablehnung der Ausstrahlung ihres Wahlwerbespots beim VG Frankfurt am Main um einstweiligen Rechtsschutz nach und blieb dort erfolglos.

Gericht: Keine Verletzung der Menschenwürde

Ihre Beschwerde vor dem Hessischen VGH gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts hatte Erfolg. Der Senat führte zur Begründung aus, grundsätzlich sei es dem Intendanten der Rundfunkanstalt zwar nicht verwehrt, Wahlwerbespots darauf hin zu überprüfen, ob sie gegen allgemeine Strafgesetze verstoßen. Zur Zurückweisung eines Wahlwerbespots sei er wegen des Grundrechts der Meinungsfreiheit, das auch Parteien zusteht, allerdings nur befugt, wenn der Wahlwerbespot evident gegen die allgemeinen Strafgesetze verstoße und dieser Verstoß nicht leicht wiege. Vor diesem Hintergrund habe die NPD einen Anspruch auf Ausstrahlung ihres Hörfunk-Wahlwerbespots, da ein evidenter Verstoß gegen den Straftatbestand der Volksverhetzung nicht vorliege. Es fehle an einer Verletzung der Menschenwürde, denn die Zuschreibung krimineller Neigungen stelle kein – was für die Annahme einer Verletzung der Menschenwürde erforderlich wäre – Absprechen des Achtungsanspruchs als Mensch dar.

VGH Kassel, Beschluss vom 08.05.2019 - 8 B 961/19

Redaktion beck-aktuell, 10. Mai 2019.

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