VGH Kassel: Boots-Verbot auf der Nidda wirksam

Das Verbot, zwei Abschnitte der Nidda jeweils in der Zeit von März bis Ende September mit Wasserfahrzeugen jeglicher Art zu befahren, ist wirksam. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat einen Normenkontrollantrag von Kanufahrern gegen die entsprechende Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Auenverbund Wetterau" mit Urteil vom 09.03.2017 abgelehnt. Das Verbot sei unter anderem wegen des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender und geschützter Tierarten geboten (Az.: 4 C 328/16.N).

Boots-Verbot auf der Nidda zum Schutz verschiedener Tierarten

Das Regierungspräsidium Darmstadt als Obere Naturschutzbehörde hat mit der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Auenverbund Wetterau" vom 22.12.2014 das Befahren des Flusses Nidda mit Wasserfahrzeugen aller Art zwischen Ilbenstadt und Bad Vilbel in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September eines jeden Jahres verboten. Zweck des Verbotes ist der Schutz und die Entwicklung von Habitaten freilebender, besonders streng geschützter Vogelarten (wie zum Beispiel Eisvogel, Flussregenpfeifer, Flussläufer) sowie des Bibers und der Europäischen Sumpfschildkröte und der Laich- und Aufwuchshabitate bedrohter Fischarten insbesondere durch eine Beruhigung bestimmter Gewässerabschnitte.

Kanufahrer wehren sich gegen Verbot

Gegen dieses Verbot stellten der Hessische Kanu-Verband e.V. und zwei Privatpersonen Normenkontrollanträge mit dem Ziel, die Verordnung für unwirksam zu erklären. Sie rügten unter anderem, die Verordnung sei nicht ordnungsgemäß verkündet worden und verstoße gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Das Befahren der Nidda mit Kanus laufe auch dem Schutzzweck der Verordnung selbst nicht zuwider. Ein Kanubetrieb mit  ausgebildeten Kanufahrern beeinträchtige die geschützten Tierarten nicht. Im Übrigen sei eine Sperrung des betroffenen Flussabschnittes in einem Zeitraum von Anfang März bis Ende Mai eines jeden Jahres zum Schutz der Brutvögel ausreichend.

VGH: Verordnung wirksam

Der VGH hat den Normenkontrollantrag abgelehnt. Die Verordnung sei ordnungsgemäß zustande gekommen und verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Die Schutzgebietsverordnung sei den gesetzlichen Vorgaben entsprechend verkündet worden und entspreche inhaltlich den Anforderungen, die das Bundesnaturschutzgesetz an die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes stelle. Die Unterschutzstellung des Auenverbundes Wetterau sei aus ökologischen und landschaftsästhetischen Gründen sowie in den besonders gekennzeichneten Abschnitten der Nidda auch wegen des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender und geschützter Tierarten vernünftiger Weise geboten.

"Teilsperrung" kein milderes Mittel

Laut VGH stellt eine Kontingentierung oder eine andere Regelung als eine "Vollsperrung" des betroffenen Flussabschnitts in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September eines jeden Jahres kein geeignetes milderes Mittel dar. Denn dies setze einen sich optimal verhaltenden Kanufahrer voraus, der sein Boot stets in der Mitte des Flusses halte, jeglichen Uferbereich meide und in geschlossenen Gruppen zügig und ruhig fahre. Ein solches Verhalten könne jedoch nicht ohne weiteres bei jedem Kanufahrer vorausgesetzt werden und sei schon rein aus tatsächlichen Gründen nicht stets einzuhalten. Da das Befahren der gesperrten, acht Kilometer langen Flussabschnitte zur Ausübung des Kanusports durch die Antragsteller nicht essentiell sei, könne ihnen zugemutet werden, auf die Avifauna und die Fischfauna in diesem Bereich des Flusses Rücksicht zu nehmen.

Staatsziel des Schutzes und der Pflege des Sports nicht berührt

Schließlich führt der VGH aus, dass auch das in der Hessischen Verfassung festgelegte Staatsziel des Schutzes und der Pflege des Sports durch die Regelung nicht berührt werde. Durch den allgemeinen verfassungsrechtlichen Auftrag zum Schutz und zur Pflege des Sports könne weder ein Anspruch auf eine konkrete sportfördernde Maßnahme noch ein Abwehrrecht gegen allgemeine staatliche Maßnahmen begründet werden, die eine Einschränkung sportlicher Aktivitäten beträfen.

VGH Kassel, Urteil vom 09.03.2017 - 4 C 328/16.N

Redaktion beck-aktuell, 13. März 2017.

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