VGH Hessen lehnt Eilantrag gegen Corona-Verordnungen des Landes ab

Die infektionsschutzrechtlichen Regelungen des Landes Hessen durch zwei Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus werden nicht außer Vollzug gesetzt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof konstatierte zwar einen massiven Grundrechtseingriff, erachtete diesen aber in der gegenwärtigen Lage als verhältnismäßig, und lehnte einen Eilantrag ab (Beschluss vom 08.04.2020, Az.: 8 B 910/20.N).

Antragsteller wehren sich gegen Regelungen zur Coronavirus-Bekämpfung

Die Antragsteller (zwei Privatleute sowie ein Unternehmen) begehrten am 31.03.2020 den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren, in dem sie sich direkt gegen die 3. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 14.03.2020 sowie die 4. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung vom 17.03.2020 wendeten. Sie machen geltend, die Außervollzugsetzung der im Normenkontrollverfahren angegriffenen Bestimmungen sei zur Abwehr schwerer Nachteile, nämlich rechtswidriger, erheblicher Eingriffe in eine Vielzahl von Grundrechten einer unabsehbaren Zahl von Grundrechtsträgern geboten.

VGH: Außervollzugsetzung der Regelungen nicht dringend geboten

Der Achte Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat den Eilantrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die aktuellen Fassungen der angegriffenen Bestimmungen ließen die Außervollzugsetzung der Regelungen in den Verordnungen durch Erlass einer einstweiligen Anordnung weder vollständig noch teilweise für dringend geboten erscheinen. Die angegriffenen Regelungen erwiesen sich aufgrund der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch sei bei der vom Senat anzustellenden Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelungen geboten.

Massiver Eingriff in Freiheitsrechte ist verhältnismäßig

Dabei verkenne der Senat nicht, dass die in der Hauptsache angegriffenen Normen außerordentlich weitreichende – in der jüngeren Vergangenheit beispiellose – Einschränkungen der Freiheitsrechte sämtlicher Menschen begründeten, die sich dauerhaft oder vorübergehend im Gebiet des Landes Hessen aufhielten. Diese massiven Eingriffe seien aber – soweit im Eilverfahren feststellbar – von einer hinreichend bestimmten, ihrerseits verfassungskonformen gesetzlichen Grundlage getragen und zur Erreichung eines legitimen Ziels geeignet und erforderlich. Die Zielsetzung liege unmittelbar in der befristeten Verhinderung weiterer Infektionsfälle, mittelbar in der Gewährleistung einer möglichst umfassenden medizinischen Versorgung von Personen, die an COVID-19 erkrankt seien. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei jedenfalls derzeit nicht festzustellen. Zudem seien die Verordnungen von einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage gedeckt.

Kritik an Mindestabstand-Regelung für Gericht unerheblich

Soweit die Antragsteller meinten, die in den Verordnungen vorgesehenen Regelungen zum Einhalten von Abständen von 1,50 Metern könnten nur für "bestimmte“ Orte gelten, nicht jedoch den gesamten öffentlichen Raum umfassen, teilte der Senat diese Auffassung nicht. Das Infektionsschutzrecht enthalte keine räumliche Begrenzung des Tatbestandsmerkmals "Ort“ und könne eine solche im Hinblick auf den Gesetzeszweck, anstekungsbegründende Begegnungen zwischen Menschen einzuschränken, sinnvollerweise auch nicht enthalten.

Redaktion beck-aktuell, 14. April 2020.

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