VGH Kassel: Abbrucharbeiten an Feuerwehrgerätehaus können im Einzelfall Feuerwehrdienst sein

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat in einem Berufungsverfahren den Anspruch eines Arbeitgebers auf Ersatz von Lohnfortzahlungen gegen eine Gemeinde wegen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers bejaht, der als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr an Abrissarbeiten am Feuerwehrgerätehaus teilgenommen und sich dabei verletzt hatte. Der VGH erachtete die Abrissarbeiten als feuerwehrdienstlich veranlasst (Urteil vom 20.07.2017, Az.: 5 A 911/16, nicht rechtskräftig).

Ersatz von Lohnfortzahlungen streitig

Die Klägerin ist die Arbeitgeberin eines Mitglieds der Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr der beklagten Gemeinde Wohratal (Ortsteilfeuerwehr Langendorf). Die Gemeinde wehrt sich mit ihrer Berufung gegen die in erster Instanz erfolgreiche Klage der Klägerin auf Ersatz von Lohnfortzahlungen wegen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit dieses Arbeitnehmers.

Unfallversicherung übernahm Kosten der Lohnfortzahlung nicht

Der Arbeitnehmer bei an einem Samstag stattfindenden Bau- beziehungsweise Abrissarbeiten am Feuerwehrgerätehaus Langendorf einen Unfall, bei dem er Rippenbrüche erlitt und in dessen Folge er für sechs Wochen arbeitsunfähig war. Die feuerwehrdienstliche Veranlassung der Arbeiten ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Kosten der Heilbehandlung des Arbeitnehmers übernahm die kommunale Unfallversicherung, nicht jedoch die Kosten, die der Klägerin für die Lohnfortzahlung (5.860,33 Euro) entstanden. Die Gemeinde lehnte gegenüber der Klägerin die Erstattung mit der Begründung ab, der Unfall habe sich nicht während des Feuerwehrdienstes, sondern bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Rahmen des Umbaus des Gerätehauses durch Bürger sowie durch den Feuerwehrverein ereignet.

Gerichte: Arbeitsunfähigkeit auf Feuerwehrdienst zurückzuführen

Mit Urteil vom 25.02.2016 hat das VG Gießen die Gemeinde verurteilt, an die Klägerin 5.860,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen (BeckRS 2016, 44450). Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Ausgleich der Lohnfortzahlungskosten für den Arbeitnehmer aus übergegangenem Recht zu. Der Hessische VGH hat das Urteil des VG im Ergebnis bestätigt und die Berufung der Gemeinde zurückgewiesen. Die Klägerin könne von der Klägerin Zahlung in Höhe der Klageforderung aus § 11 Abs. 8 Satz 2 Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz (HBKG) verlangen. Nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen und den vom VG festgestellten Tatsachen stehe für den VGH fest, dass die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers im Sinne von § 11 Abs. 8 Satz 2 HBKG auf den Dienst in der Feuerwehr zurückzuführen ist. Die von ihm geleistete Arbeit im Zuge von Abbruch- und Umbauarbeiten am Feuerwehrhaus, die - insoweit unstreitig - die Arbeitsunfähigkeit bedingt hat, gehöre zum Dienst in der Feuerwehr.

Auch Abbruch- und Umbautätigkeiten am Feuerwehrhaus "Feuerwehrdienst"

Der Begriff des Dienstes in der Feuerwehr beziehungsweise des Feuerwehrdienstes sei im hessischen Brand- und Katastrophenschutzrecht nicht genauer definiert, führt der VGH aus. Als Dienst in der Feuerwehr könnten im Einzelfall und zusätzlich zum enger definierten Bereich der nach außen gerichteten Tätigkeiten der Einsätze, Übungen und Ausbildungsveranstaltungen alle Tätigkeiten zählen, die intern zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Feuerwehrbetriebs erforderlich sind. Dies könnten nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalles neben der Pflege und Wartung von Ausrüstungsgegenständen, Fahrzeugen, Geräten und der Unterkunft auch Abbruch- und Umbaumaßnahmen am Feuerwehrhaus sein.

Nichtzulassungsbeschwerde möglich

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Beschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hätte.

VGH Kassel, Urteil vom 20.07.2017 - 5 A 911/16

Redaktion beck-aktuell, 24. Juli 2017.