Polizei durfte Klimaaktivisten in Datteln nicht in Gewahrsam nehmen

Polizeibeamte aus Recklinghausen haben im Februar 2020 drei Klimaaktivisten am Kraftwerk Datteln 4 zu Unrecht in Gewahrsam genommen. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden. Die von der Polizei herangezogenen Tatsachen seien nicht ausreichend für die Annahme gewesen, dass die Kläger vorhatten, sich an einer geplanten Protestaktion auf dem Werksgelände zu beteiligen und Straftaten zu begehen, so das Gericht.

Protestaktion auf dem Gelände des Steinkohlekraftwerks

Die Kläger wurden am 01.02.2020 nach 23 Uhr in unmittelbarer Nähe des Kraftwerksbereichs von Polizeibeamten kontrolliert. Die Polizei hatte zuvor Hinweise darauf erhalten, dass Klimaaktivisten, unter anderem die auch im Hambacher Forst aktive Gruppierung "Ende Gelände", in den frühen Morgenstunden des 02.02.2020 auf dem Gelände des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 eine Protestaktion planten. Zur Verhinderung der Begehung von Straftaten wurden die Kläger in Gewahrsam genommen. Tatsächlich wurde das Werksgelände in den Morgenstunden von circa 100 Personen besetzt. Die Kläger gaben an, lediglich die Absicht gehabt zu haben, die Protestaktion zu beobachten.

Voraussetzungen des Präventivgewahrsams nicht erfüllt

Nach Ansicht des VG lagen die gesetzlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen für den Präventivgewahrsam nicht vor. Die von der Polizei zum Anlass für die Maßnahme herangezogenen Tatsachen (unter anderem Kleidung, Mitführen von Verpflegung, Schlafsäcken und einer Stirnlampe, Nähe zur Gruppierung "Ende Gelände") seien nicht ausreichend für die Annahme, dass die Begehung von Straftaten durch die nicht vorbestraften Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevorgestanden habe. Die Freiheitsentziehung sei auch nicht unerlässlich gewesen, weil die Kläger sich kooperativ verhalten und keine Schritte unternommen hätten, die darauf hindeuteten, dass sie vorhatten Straftaten zu begehen.

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10.08.2022 - 17 K 4838/20

Redaktion beck-aktuell, 11. August 2022.