VG Wiesbaden: Zonenbezogene Fahrverbote für Frankfurt am Main kommen

Das Land Hessen muss mit zonenbezogenen Fahrverboten in Frankfurt am Main für bessere Luft sorgen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat durch Urteil vom 06.09.2018 das Land antragsgemäß verpflichtet, bis zum 01.02.2019 den Luftreinhalteplan für die Stadt Frankfurt am Main unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzuschreiben (Az.: 4 K 1613/15.WI).

Bisher keine Verbesserung der Luftsituation

Der derzeit gültige Luftreinhalteplan vom Herbst 2011 hat nach Auffassung der Kammer keine ausreichenden Maßnahmen zur Verbesserung der Luftsituation vorgesehen, um den Grenzwert für Stickoxide von 40 Bg/m³ einzuhalten. Dies gelte auch für das kurz vor der mündlichen Verhandlung von dem Beklagten vorgelegte vorläufige Gesamtkonzept zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans.

Vorgaben der Kammer müssen beachtet werden

Die Kammer habe sich unter Berücksichtigung des Planungsermessens des Beklagten darauf beschränkt, neben den bereits vorgesehenen Planungen drei weitere Maßnahmen in den Urteilsgründen zu benennen, die sie für unverzichtbar in dem fortzuschreibenden Luftreinhalteplan hält. Angesichts der hohen Grenzwertüberschreitung im Stadtgebiet hält das Gericht die Einführung eines zonenbezogenen Fahrverbots für notwendig. Wegen der nach wie vor starken Gesundheitsgefährdung der Innenstadtbewohner, der Fahrradfahrer, der Fußgänger und Insassen der durchfahrenden Fahrzeuge verpflichte die Kammer deshalb das Land, dieses Fahrverbot für Fahrzeuge der Dieselfahrzeuge einschließlich der Klasse Euro 4 und Benziner der Klassen 1 und 2 bereits ab dem 01.02.2019 vorzusehen. Für die Dieselfahrzeuge der Klasse Euro 5 soll das Fahrverbot zum 01.09.2019 eingeführt werden. Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum Fahrverbot sind nach Auffassung des Gerichts durch zeitliche Begrenzung derselben sowie durch entsprechende Höhe der Gebühren deutliche Anreize zur Um- oder Nachrüstung zu setzen.

Anreize für Umstieg auf öffentlichen Nahverkehr

Als weitere Maßnahme hat das VG dem Land aufgegeben, für eine Nachrüstung der Busflotte mit SCRT-Filtern zu sorgen. Schließlich hat es dem Land vorgegeben, mit der Parkraumbewirtschaftung zusätzliche Anreize für den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu setzen. Insbesondere schlägt das Gericht hierfür vor, außerhalb der Kernzonen kostenlose Park & Ride-Parkplätze zu schaffen. Für Behinderte muss nach Auffassung der Kammer preiswerter Parkraum vorgehalten werden.

Stadt Frankfurt bedauert Entscheidung

Frankfurts Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) hat das Gerichtsurteil bedauert. "Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge stellen einen Einschnitt in das städtische Gesamtverkehrssystem in einem bisher nicht bekannten Ausmaß dar", sagte er. "Sie treffen letztlich die Menschen, die im Vertrauen auf die Aussagen der Hersteller eine vermeintlich umweltfreundliche Wahl getroffen haben." Die Kommune müsse nun "die Versäumnisse der Automobilindustrie und auch die Versäumnisse der Bundesregierung ausbaden", kritisierte er. Vom Land Hessen erwarte die Stadt nun auf der Basis der noch ausstehenden schriftlichen Urteilsbegründung die rasche Fortschreibung des Luftreinhalteplans in enger Abstimmung mit Frankfurt. «Von der Bundesregierung erwarten wir schnelle Entscheidungen zur Hardware-Nachrüstung der Dieselfahrzeuge auf Kosten der Autoindustrie», sagte der Frankfurter Verkehrsdezernent.

VG Wiesbaden, Urteil vom 06.09.2018 - 4 K 1613/15

Redaktion beck-aktuell, 6. September 2018.