Streuobstfläche darf für Gewerbegebiet gerodet werden

Die Gemeinde Großbettlingen im Landkreis Esslingen darf für ein neues Gewerbegebiet drei Streuobstflächen roden. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat den dagegen gerichteten Antrag des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) abgelehnt. Das Interesse der Gemeinde am Sofortvollzug der streitigen naturschutzrechtlichen Umwandlungsgenehmigung überwiege.

Bebauungsplan sieht neues Gewerbegebiet vor

Die Gemeinde Großbettlingen beschloss am 22.03.2021 einen Bebauungsplan, der ein Gewerbegebiet auf einer Fläche vorsieht, auf der sich drei Streuobstbestände befinden. In zeitlichem Zusammenhang hierzu hatte die Gemeinde die Erteilung einer Genehmigung zur Umwandlung von 1.670 qm des Streuobstbestandes nach § 33a Abs. 2 Naturschutzgesetz Baden-Württemberg beantragt. Als Ausgleich soll auf einer angrenzenden Fläche von 2.996 qm ein neuer Streuobstbestand gepflanzt werden. Die Genehmigung wurde erteiltm der NABU erhob Widerspruch. Daraufhin beantragte die Gemeinde die sofortige Vollziehbarkeit. Nach Anhörung des NABU ordnete das Landratsamt Esslingen die sofortige Vollziehbarkeit am 07.12.2022 an. Hiergegen beantragte der NABU vorläufigen Rechtsschutz.

Interesse der Gemeinde überwiegt nach Ansicht des Gerichts

Das VG hat den Antrag als unbegründet abgelehnt. Sie kam in der im Eilverfahren durchzuführenden Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Gemeinde am Sofortvollzug der Umwandlungsgenehmigung das Interesse des NABU an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs überwiegt, weil die Umwandlungsgenehmigung nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig sei.

Rechtsgrundlage ist auslegungsbedürftig

Die Rechtsgrundlage für die Erteilung der Umwandlungsgenehmigung (§ 33a Abs. 2 NatSchG Baden-Württemberg) sei zwar auslegungsbedürftig und dürfte als gesetzgeberischer Fehlgriff einzustufen sein. Eine Auslegung unter Heranziehung der Grundrechte und weiterer grundlegender Prinzipien des öffentlichen Rechts führe aber dazu, dass ein Anspruch des Grundstückseigentümers auf Erteilung einer Umwandlungsgenehmigung dann bestehe, wenn die Erhaltung eines bestimmten Streuobstbestandes nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liege. Vorliegend sei dies nach summarischer Prüfung der Fall. Das Interesse der Gemeinde an der Umwandlung überwiege vielmehr das öffentliche Interesse an einer Erhaltung des Streuobstbestandes.

VG Stuttgart, Beschluss vom 12.01.2023 - 2 K 6423/22

Redaktion beck-aktuell, 16. Januar 2023.