VG Stuttgart: Landwirt kann Kunstrasenplatz nicht verhindern

Wegen möglicher Verunreinigung seiner landwirtschaftlichen Flächen durch Mikroplastik hat ein Landwirt per Eilantrag versucht, die der Stadt Uhingen als Bauherrin am 20.02.2019 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Kunstrasenspielfeldes zu stoppen. Die Zweite Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat den Eilantrag abgelehnt. Mikroplastik sei laut REACH-Verordnung derzeit nicht als gesundheits- oder umweltschädlich eingestuft. Der Landwirt könne sich heute nicht auf möglicherweise anstehende Änderungen dieser Bewertung berufen (Beschluss vom 19.07.2019, Az.: 2 K 4023/19).

Landwirt sieht Grundwasser und sein Grundstück beeinträchtigt

Mit seinem am 18.06.2019 eingereichten Eilantrag machte der Landwirt unter anderem (erstmals) geltend, aufgrund der Verlegung des Kunstrasenbelags (Rasenfloor) sowie des Kunstrasengranulats werde Mikroplastik freigesetzt und durch Winderosion auf seine angrenzenden und weiteren nahegelegenen landwirtschaftlich genutzten Flächen verteilt. Gelange der Belag durch Auswaschungen in das Grundwasser, würden seine Grundstücke nachhaltig beeinträchtigt.

Verweis auf Studie

Das belegten laut Antragsteller eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik und der Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), in die REACH-Verordnung (1907/2006/EG) ein Inverkehrbringen von "bewusst zugesetztem“ Mikroplastik aufzunehmen, welches 2021 in Kraft trete.

VG weist Antrag ab und verweist auf mögliche Präklusion

Das Gericht hat den Antrag, die Vollziehbarkeit der vom Landratsamt Göppingen erteilten Baugenehmigung auszusetzen, zurückgewiesen und festgestellt, dass der Landwirt voraussichtlich bereits mit seinem Vorbringen im gerichtlichen Verfahren im Sinne der Landesbauordnung (§ 55 Abs. 2 Satz 2) präkludiert sei. Denn obwohl er als Angrenzer ordnungsgemäß beteiligt worden sei, habe er die in der Antragschrift vorgetragenen Argumente, die Beeinträchtigung seiner landwirtschaftlichen Grundstücke durch Mikroplastik sowie Beeinträchtigungen seiner (geplanten) Biogasanlage, nicht im Rahmen der Nachbarbeteiligung vorgebracht.

Mikroplastik laut REACH derzeit nicht gesundheits- oder umweltschädlich

Abgesehen davon stelle Mikroplastik, wie es sich im Granulat befinde und durch Abrieb des Kunstrasens frei werde, momentan noch keinen gesundheits- oder umweltschädlichen Stoff im Sinn der REACH-Verordnung dar, weil er in deren Anhängen nicht aufgezählt werde, so das VG weiter. Auch aus der nicht näher benannten Studie des Fraunhofer-Instituts und dem Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zur Aufnahme von Mikroplastik als schädliche Chemikalie in die REACH-Verordnung ergebe sich nichts Anderes. Diesbezüglich finde lediglich ein Konsultationsverfahren statt, in welchem noch bis zum 20.09.2019 Gelegenheit zur Stellungnahme bestehe.

Keine Anspruch auf Einhaltung möglichen künftigen Rechts

Ein konkreter Änderungsvorschlag der REACH-Verordnung solle der Europäischen Kommission im Frühjahr 2020 vorgelegt werden und die anschließende Änderung solle voraussichtlich erst 2022 in Kraft treten. Der Landwirt verlange also, so das VG, dass die Stadt Uhingen sich schon heute an mögliches künftiges Recht halten müsse, worauf er keinen Anspruch habe. Das bedeute allerdings auch, dass die Stadt Uhingen das Risiko eingehe, im Fall eines möglichen Inkrafttretens nachträgliche Auflagen zu erhalten, die bereits verbauten Materialien zu ändern.

VG Stuttgart, Beschluss vom 19.07.2019 - 2 K 4023/19

Redaktion beck-aktuell, 23. Juli 2019.

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