Maskenpflicht in "Verdichtungszonen" des Rems-Murr-Kreises rechtswidrig

Viele der seit Inkrafttreten der Beschränkungen vom 02.11.2020 geltenden Corona-Maßnahmen wurden in Eilverfahren gerichtlich bestätigt. Dagegen war der Eilantrag gegen die Maskenpflicht in sogenannten Verdichtungszonen des Rems-Murr-Kreises erfolgreich. Die zugrunde liegende Allgemeinverfügung des Kreises sei voraussichtlich rechtswidrig, so das Verwaltungsgericht Stuttgart. Der Kreis habe nicht dargelegt, dass die Ausweitung der Maskenpflicht erforderlich sei.

Maskenpflicht in Verdichtungszonen wegen gestiegener Zahlen

Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis hatte wegen der gestiegenen Zahl von SARS-CoV-2-Infektionen mit sofort vollziehbarer Allgemeinverfügung vom 17./20.10.2020 eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in sogenannten Verdichtungszonen, die von den kreisangehörigen Gemeinden und Städten auszuweisen sind, angeordnet. Hiergegen hatte der Antragsteller Widerspruch eingelegt und beim VG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt.

Maskenpflicht grundsätzlich zu Bekämpfung der Pandemie geeignet

Das VG meint, die Allgemeinverfügung hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung in sogenannten Verdichtungszonen sei voraussichtlich rechtswidrig. Zwar sei das Landratsamt Rems-Murr-Kreis nach dem Infektionsschutzgesetz grundsätzlich zum Erlass von Allgemeinverfügungen zur Bekämpfung der bestehenden SARS-CoV-2-Pandemie, auch neben der zum gleichen Zweck erlassenen Corona-Verordnung des Landes, befugt. Eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei auch geeignet, zur Bekämpfung der bestehenden Pandemie beizutragen, da nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts ein erhöhtes Übertragungsrisiko auch im Freien bestehe, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern ohne Mund-Nasen-Bedeckungen unterschritten werde.

Keine Anhaltspunkte für Erforderlichkeit der weitergehenden Verfügung

Jedoch lägen auch nach den Ausführungen des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis und der Stadt Winnenden keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass hierzu die Allgemeinverfügung über die bereits in der Landes-Corona-Verordnung geregelte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Fußgängerbereichen hinaus erforderlich sei, so das VG. Nach der Landes-Corona-Verordnung müsse in Fußgängerbereichen eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden, wenn nicht sichergestellt sei, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten werden könne.

Pauschale Behauptung hoher Frequentierung nicht überzeugend

Darüber gehe die mit der Allgemeinverfügung des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis angeordnete Verpflichtung hinaus, da sie keine Ausnahme für Situationen, in denen aufgrund geringen Personenaufkommens keine Gefahr bestehe, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen nicht eingehalten werden könne, und auch keinerlei zeitliche Einschränkungen vorsehe. Das VG könne jedoch weder der Begründung der Allgemeinverfügung noch den Ausführungen des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis beziehungsweise der Stadt Winnenden im vorliegenden Verfahren ausreichende Anhaltspunkte entnehmen, warum darüber hinaus in den sogenannten Verdichtungszonen nach der Allgemeinverfügung allgemein und in den Verdichtungszonen der Stadt Winnenden im Speziellen eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ohne Freistellung bei fehlender konkreter Gefahrenlage und ohne jegliche zeitliche Einschränkung aus Gründen des Infektionsschutzes erforderlich sei. Die Begründung der Stadt Winnenden, es handle sich um – tags und nachts – besonders stark frequentierte Orte, an denen ein hohes Ansteckungsrisiko bestehe, vermöge in dieser Pauschalität nicht zu überzeugen.

Ausweisung von Verdichtungszonen seitens der Stadt nun gegenstandslos

Mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung werde auch die Ausweisung von Verdichtungszonen seitens der Stadt Winnenden gegenstandslos, da bereits die Ermächtigungsvorschrift in der Allgemeinverfügung des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis voraussichtlich rechtswidrig sei und es sich bei der Ausweisung von Verdichtungszonen nur um eine Konkretisierung der Allgemeinverfügung handeln dürfte. Gegen den Beschluss ist die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim gegeben.

VG Stuttgart, Beschluss vom 10.11.2020 - 16 K 5206/20

Redaktion beck-aktuell, 16. November 2020.