VG Stuttgart: Eilantrag gegen infektionsschutzrechtliches Late-Night-Shopping-Verbot erfolglos

Der Eilantrag einer Firma gegen die Stadt Wertheim wegen des Verbots des Late-Night-Shoppings am 14.03.2020 in einem Einkaufszentrum ist erfolglos geblieben. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat den Antrag mit Beschluss vom 14.03.2020 abgelehnt, weil nicht nur im Main-Tauber-Kreis, sondern auch in der Stadt Wertheim die erste mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierte Person gemeldet worden sei (Az.: 16 K 1466/20).

VG: Verbot des Late-Night-Shoppings notwendige Schutzmaßnahme

Das Verbot des Late-Night-Shoppings in dem Einkaufszentrum am Samstag, den 14.03.2020, in der Zeit von 20.00 Uhr bis 23.00 Uhr stelle eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG dar, um die rasche Ausbreitung des Covid-19-Virus zu verhindern. Dabei sei es unerheblich, ob es sich bei dem Late-Night-Shopping um eine Großveranstaltung im Sinne der Handlungsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts handle. Denn die genannte Vorschrift beziehe sich ausdrücklich auf das Verbot oder die Beschränkung von Veranstaltungen und sonstigen Ansammlungen mit einer größeren Anzahl von Menschen, zu denen das Late-Night-Shopping gehören dürfte.

Eventcharakter fördert Bildung unerwünschter Menschenansammlungen

Das Late-Night-Shopping ziele gerade darauf ab, durch entsprechende Werbung und zusätzliche Angebote sowie speziell für den Zeitraum ab 2.:00 Uhr geltende Rabatte einen Eventcharakter zu schaffen. Es solle somit für einen außergewöhnlich hohen Besuch und damit für eine Menschenansammlung auf begrenztem Raum, insbesondere auch in den Räumen der Ladenlokale, sorgen. Der Einwand der Antragstellerin, das Einkaufszentrum sei kein geschlossenes Einkaufszentrum, sondern eine offene Fußgängerzone unter freiem Himmel mit kleinen Ladeneinheiten, stehe dem nicht entgegenstehen. Denn Anordnungen nach § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG setzten gerade nicht voraus, dass die Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen in geschlossenen Räumen stattfänden.

Infektionsrisiko auch bei nur drei Stunden Dauer zu hoch

Die angefochtene Maßnahme sei auch erforderlich, weil entgegen der Auffassung der Antragstellerin eine Interaktion der Kunden und das damit verbundene Infektionsrisiko auch in einem Zeitraum von nur drei Stunden, beispielsweise im Kassenbereich, in kleineren Ladeneinheiten und in Restaurationsbetrieben, voraussichtlich nicht ausgeschlossen werden könne. Es komme auch nicht darauf an, dass die Antragstellerin keine Besucher aus bekannten Risikogebieten oder hochbetagte Menschen mit respiratorischen Beschwerden erwarte, weil das Covid-19-Virus sich nicht auf Personen aus Risikogebieten beschränke. Außerdem solle mit der angegriffenen Maßnahme gerade verhindert werden, dass junge und gesunde Kunden, die von dem Late-Night-Shopping-Event angesprochen würden, sich in dem Einkaufszentrum infizieren und anschließend selbst hochbetagte Menschen und Vorerkrankte anstecken.

Anziehungskraft der Veranstaltung wesentlich größer als bei "normalem" Einzelhandel

Soweit die Antragstellerin rüge, mit der angegriffenen Maßnahme bewege sich die Stadt Wertheim außerhalb der üblichen Verwaltungspraxis in Baden-Württemberg zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die an keiner Stelle Einschränkungen des Einzelhandels vorsehe, sei dem entgegenzuhalten, dass sich das Late-Night-Shopping als besonderes, zeitlich begrenztes Event mit seiner großen Anziehungskraft für einen großen Kundenkreis vom klassischen Einzelhandel unterscheiden dürfte.

VG Stuttgart, Beschluss vom 14.03.2020 - 16 K 1466/20

Redaktion beck-aktuell, 17. März 2020.

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